Der ehemalige vorderösterreichische Grenzverlauf bildet den roten Faden einer leichten GMS-Wanderung bzw. Fahrt durch den beginnenden Frühling mit Dr. Jürg E. Schneider.

Der Friedensvertrag von Lunéville beendete den Zweiten Koalitionskrieg und bestätigte die Beschlüsse, die 1797 anlässlich der Friedensverhandlungen von Campo Formio getroffen wurden:

„Se. Majestät der Kaiser, König von Ungarn und Böhmen, und der erste Consul der Republik Frankreich, im Namen des Französischen Volkes, denen es beiden am Herzen liegt, den Uebeln des Kriegs ein Ende zu machen, haben sich entschlossen, zu der Abschliessung eines Definitiv-Friedens und Freundschafts-Tractats zu schreiten…

Art. II. Die Abtretung der vormaligen Belgischen Provinzen an die Französische Republik, so wie solche durch den 3ten Artickel des Tractats von Campo Formio stipuliert worden ist, wird hiermit auf die förmlichste Art erneuert,…

Nicht minder werden von Sr. Kaiserl. und Kön. Maj. und mit förmlicher Einwilligung des Reichs, an die Französische Republik hiermit abgetreten:

1) Die Grafschaft Falkenstein, mit dem, was davon abhanget.

2) Das Frickthal, und alles, was an dem linken Ufer des Rheins, zwischen Zurzach und Basel, dem Hause Oesterreich zugehört, und die Französische Republik behält sich vor, dieses letztere der Helvetischen Republik abzutreten.“

Österreich verzichtete also am 09. Februar 1801 auf die Herrschaft im Fricktal. 1802 kam es, mit Unterstützung Frankreichs, zur Gründung des gleichnamigen Kantons. Rheinfelden war während eines Jahres Hauptstadt, bevor die Gebiete 1803 auf Geheiss Napoleon Bonapartes dem neu entstandenen Kanton Aargau zugeschlagen wurden.

Programm

08.15 Abfahrt ab Zürich, Carparkplatz Sihlquai. Fahrt nach Schinznach-Dorf. Besuch der dortigen reformierten Pfarrkirche in deren Innern sich die Gruft des einstmaligen Statthalters Vorderösterreichs und nachmaligen Oberbefehlshabers des Schweizerischen Heeres – Johann Ludwig von Erlach befindet. Anschliessend Weiterfahrt über Oberflachs zum Besuch des Schloss Kastelen. Der weitere Weg führt nach Thalheim und über den „Polenweg“ zur Ruine Schenkenberg.

12.45 Mittagessen im Restaurant Schenkenbergerhof

Anschliessend Fahrt über die Staffelegg nach Herzberg. Von dort zu Fuss über den Asperstrihen zum Bänkerjoch. Gegen Abend Rückfahrt via Küttigen, Saalhöhe, Erlinsbach und Aarau nach Zürich.

18.45 ca. Ankunft in Zürich, Carparkplatz Sihlquai

Reiseleitung

Dr. Jürg E. Schneider, Zürich

 Christoph C. Baumann’s Reisebericht

(Fricktal Austriaca als PDF zum downloaden)

Bei schönstem Frühlingswetter versammelte sich die Reisegesellschaft in der reformierten Kirche von Schinznach-Dorf. In diesem nüchternen Bauwerk befinden sich aber schöne barocke Epitaphen von drei bernischen Landvögten auf Schloss Kasteln. Die „pièce de résistance“ hingegen bildet die in der Südapsis 1650 eingerichtete Grab- und Memorialkapelle für Johann Ludwig v. Erlach, den Bauherrn des Schlosses Kasteln. Er war Mitglied des kleinen und grossen Rates, Standesvertreter Berns bei der Tagsatzung, und in verschiedenen Missionen, auch militärischen, für Bern tätig. Er trat 1638 von allen Ämtern zurück, um als Generalmajor in den Dienst des Herzogs von Sachsen-Weimar zu treten, der ihn nach der Eroberung der Festung Breisach zu deren Gouverneur machte. Nach dem Tod des Herzogs wechselte er in französische und schwedische Dienste (bei Ludwig XIV. und Gustav Adolf im letzten Teil des Dreissigjährigen Krieges 1635/48, zuletzt 1647 als Generalleutnant). Oberhalb seines Grabes befinden sich prunkvolle Epitaphen für ihn und seine Gattin Margarethe, die ihm die Herrschaft und den Namen Castelen einbrachte.

Kurz zur Geschichte des Kantons Aargau und des Fricktals: Der Aargau als Teil der habsburgischen Lande wurde im Rahmen des Konstanzer Konzils mit Permiss König Sigismunds, eines Luxemburgers, 1415 durch Bern erobert. Das Fricktal war ein früh besiedeltes Gebiet der Alemannen. Über die Grafen von Homberg und deren Erben, die Grafen von Habsburg-Laufenburg, ging das Gebiet an das Haus von Habsburg-Österreich. Ab dem Jahr 1386 bildete das Fricktal einen Teil des vorderösterreichischen Verwaltungsgebietes und gehörte zum Breisgau. Im Gegensatz zum Thurgau, der sich von Konstanz lösen konnte, hatte der Schwabenkrieg keine territorialen Folgen für den Bereich des Fricktals. Der Dreissigjährige Krieg riss auch das Fricktal in den Abgrund der Zerstörung und des wirtschaftlichen Ruins. Soldatenhorden zogen plündernd durch die Dörfer und Städte. Es folgten Hungersnöte und Pestseuchen. Im Jahr 1799 besetzten französische Truppen das Fricktal, und es wurde damit vom habsburgischen Kaiserreich abgetrennt. So endete die über 400-jährige österreichische Herrschaft und die bis dahin gängige Bezeichnung „Frickgau“. Am 20. Februar 1802 wurde der Kanton Fricktal mit Status eines französischen Protektorats ausgerufen. Die Eingliederung des Kantons in die Helvetische Republik erfolgte im August 1802 auf eigenen Wunsch. Napoleon Bonaparte verfügte jedoch in der Mediationsakte am 19. Februar 1803 die Auflösung des Kantons und, gemeinsam mit dem Kanton Baden, den Anschluss an den neu gegründeten Kanton Aargau.

Nach einem Kaffeehalt im Winzereibetrieb Chalmstübli kurzer Fussweg zur Besichtigung des Schlosses Kasteln. Diese barocke Anlage, basierend auf einer schon 1238 durch die Habsburger hier errichteten Doppelburg (Kasteln-Ruchenstein), besticht durch Einfachheit aber auch durch Wohlgeformtheit. Seit 1855 Erziehungsanstalt, 1907 ausgebrannt, dann mehrmals renoviert, weist sie keine kunsthistorisch sehenswerte Innenausstattung mehr auf.

Fahrt über den „Polenweg“, eine 1941 von Internierten gebaute Strasse von Thalheim hinauf zur Ruine Schenkenberg, den letzten Teil zu Fuss. Sie wird als eindruckvollste Burgruine des Kantons Aargau bezeichnet. Von den Habsburgern im frühen 13. Jh. als östlicher Pfeiler ihres Burgensystems errichtet, ging sie in den Besitz der habsburgischen Dienstleute „von Schenkenberg“ über. Auf einem mächtigen Felssporn errichtet, beherrschte sie die umliegenden Talschaften. Diese Gebiete wurden aber erst 1460 (nicht schon 1415) von den Bernern erobert und der Sitz wurde in der Folge zum Landvogteischloss. Anfang des 18. Jh. wurde es dem Zerfall überlassen. Die baulichen Reste weisen Teile eines mächtigen Bergfrieds wie auch eines komplexen, auf abschüssigem Gelände errichteten Terrassenbaus auf, in dessen Mitte, dem einstigen «Palas», wir standen. Neue Umfassung mit Bau von Wehrtürmen in späterer Zeit. Der Vorteil einer Reise vor der Pflanzenblüte: gut sichtbare Landschafts-Strukturen, und das Holz des Waldes vom Baumstamm bis in die feinsten Verästelungen wirkt auf Distanz wie ein braun-violetter Samtüberzug über die Hügellandschaft. Ein Apéro mit örtlichem Weisswein auf dem Burgareal genossen, schloss den Vormittagsteil ab.

Nach einem gemütlichen Mittagessen im Schenkenbergerhof in Thalheim Fahrt über die Staffelegg zum Herzberg. Von dort ging es zu Fuss, zum Teil sich steil aufwärts stemmend, zum Asperstriehen hinauf. Wir marschierten oben entlang der Hangkante, wo man noch Grenzsteine sah, die mit dem Berner Wappen auf der eidgenössischen und mit einem „A“ auf der österreichischen Seite gekennzeichnet waren. Wie der Reiseleiter ausführte, wurden diese unter Maria Theresia im Rahmen ihrer umfassenden Grenzmarkierungen gesetzt. Die Herrscherin veranlasste nebenbei auch ein genaues Verzeichnis der Eigentumsverhältnisse im Bereiche der gesamten k.u.k.-Monarchie («Theresianischer Kataster» von 1766). Der weitere Fussmarsch führte zum Benkerjoch hinab. Auch dieser wenig bekannte Pass trennte ehemals die österreichischen Vorlande von der Eidgenossenschaft. Hier sollen auch – wie so häufig im Dreissigjährigen Krieg – Kriegsgräuel von schwedischen Truppen begangen worden sein.

Als letzte Etappe vor dem offiziellen Abschluss des Ausflugs in Aarau, wurde in Erlinsbach Halt gemacht. Dies ist ein Ort mit einer interessanten Geschichte. Die Siedlung wird durch den Erzbach geteilt. Der eine Teil dieser Ortschaft gehört dem Kanton Aargau, der andere dem Kanton Solothurn an. Da Bern sich bekanntlich 1525 der Reformation anschloss, Solothurn aber beim alten Glauben blieb, bildete der Erzbach von nun ab eine Konfessionsgrenze. Im solothurnischen Teil sieht man heute noch das alte Wappen, mit dem Reichsadler versehen, an der Fassade der „Schmitte“ angebracht. Beim Grenzfluss Erzbach bot uns der Reiseleiter einen weiteren interessanten „tour d’horizon“ dar, wobei er die lokale Geschichte („petite histoire“) wie auch diejenige des österreich-ungarischen Riesenreiches („grande histoire“) gekonnt zu verbinden wusste. Hier, im „Blinddarm“ des Kaiserreiches, endete der informelle Teil des Ausflugs. Wieder einmal verstand es der erfahrene und langjährige Reiseleiter Dr. Jürg Schneider aufgrund seiner fundierten und breit abgestützten Kenntnisse in Geschichte, Archäologie wie auch in Bau- und Kunstgeschichte die Zuhörerschaft mit seinen – öfters auch mit feinem Humor gespickten– Ausführungen zu faszinieren.

 

Text: Dr. Christoph Baumann (Stäfa)