Von links: Jakob Zellweger, Alois Reding, Franz Anton Würsch, Ludwig auf der Mauer, Hans Caspar Hirzel

Auf den Spuren des föderalistischen Aufstandes gegen die Helvetische Republik nach dem Abzug der französischen Truppen im Sommer 1802 (Stecklikrieg).

07.15 Abfahrt mit Bus ab Zürich, Carparkplatz Sihlquai. Fahrt über Windisch (Königsfelden) nach Schinznach

Bad. Einführung in die Reise und Erklärungen im Bus. Kaffeehalt im Restaurant Badstübli Schinznach Bad. Der Aargau als helvetischer und als antihelvetischer Kanton illustriert am Beispiel von Bad Schinznach, Fahrt nach Jegenstorf, Verlies des abgesetzten und wieder eingesetzten Johann Rudolf Dolder (nachmals ersten Landammanns des Kantons Aargau der Mediation), Besichtigung des Schlosses, Fahrt über das Grauholz, Besichtigung des Denkmals, Schilderung der Geschehnisse von 1802. Weiterfahrt zur Untertorbrücke in Bern, Schilderung der Belagerung und der Kapitulation von Bern. 12.00 Mittagessen im Restaurant Altes Tramdepot in Bern.Fahrt über Neuenegg und Laupen nach Cressier (Kapelle), Bereitstellung der föderalistischen Armee im Oktober 1802, Weiterfahrt nach Münchenwiler (Kaffeehalt und kurze Besichtigung), einer durch die Mediation von 1803 geschaffenen bernischen Exklave. Fahrt über Faoug (Schlachtfeld von 1802, Sieg Niklaus Franz Bachmanns an der Letz) nach Murten, Besichtigung derMauern, Schilderung der Eroberungen von 1802 und Abschluss beim Gotthelf-Denkmal. Rückfahrt nach Zürich 18.15 ca. Ankunft in Zürich, Carparkplatz Sihlquai

Reiseleitung

Jürg Stüssi-Lauterburg, Dr., Windisch

Andreas von Waldkirch’s Reisebericht

Föderalismus und Freiheit 1802

Mit Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg als Reiseleiter vollziehen wir das Jahr 1802 durch das schweizerische Mittelland nach, von Zürich über Schinznach Bad, Schloss Jegenstorf bei Bern, Bern Nydegg, Cressier FR, Münchenwiler BE bis nach Murten. Es ging um den Untergang der Helvetik, die nach dem Einmarsch der Franzosen 1798 den Eidgenossen aufgezwungen worden war. In Aarau konstituierten am 12. April 1798 zwölf Kantone auf Druck Frankreichs die Helvetische Republik. Nicht vertreten waren die Landsgemeindekantone Uri, Schwyz, Nidwalden, Glarus und Zug sowie die Zugewandten Orte Wallis und Drei Bünde. Sie wollten um jeden Preis an der kantonalen Souveränität festhalten. Die Schweiz wurde damit zu einem Zentralstaat nach französischem Vorbild umfunktioniert, der von 1798 bis 1802 bestand. Hauptstadt war für einige Monate Aarau, dann Luzern. Angesichts der militärischen Übermacht der Franzosen beschlossen die Landsgemeinden der Innerschweiz, die Verfassung der Helvetischen Republik anzunehmen. Als Strafe für ihren anfänglichen Widerstand wurden die Innerschweizer Kantone zum neuen helvetischen Kanton Waldstätte zusammengefasst. Am 29. August 1798 lehnte die Landsgemeinde von Nidwalden dann aber doch die Einführung der Helvetischen Verfassung sowie die Eingliederung in den neuen Kanton Waldstätte ab. Am Kehrsitenberg besiegte darauf General Schauenburg am 9. September 1798 die renitenten Nidwaldner.

Die helvetische Verfassung war ein ungeliebtes Kind. Zwar führte Napoleon wesentliche Neuerungen ein: Gleichberechtigung von Stadt und Land, Gewaltentrennung, die allgemeine Schulpflicht, Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit, den Meter. Die Konservativen, Patrizier und Föderalisten wollten jedoch die alten feudalen Verhältnisse wieder herstellen und konspirierten gegen die helvetische Regierung. Im Jahr 1802 kam es daher zu Aufständen und bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen, die schlussendlich zur Abdankung der helvetischen Regierung führten. Mit der Helvetik wurden die Kantone neu formiert. Das übergrosse Bern wurde in die vier Kantone Aargau, Waadt, Berner Oberland und Bern Mittelland zerstückelt. Die Innerschweiz zum Kanton Waldstätte fusionierte, um den Walensee entstand der Kanton Linth, und St. Gallen wurde mit den beiden Appenzell zum Kanton Säntis zusammengelegt. Aus den Tessiner Untertanengebieten entstanden die Kantone Bellinzona und Lugano, weiter ein Kanton Baden und für einige Monate 1802 sogar ein Kanton Fricktal. Verloren gingen das Bistum Basel (Jura mit Biel), Neuenburg, Genf, das Veltlin und Mülhausen als zugewandter Ort.

Napoleon hatte 1802 in Lunéville mit Österreich und in Amiens mit England Frieden geschlossen. Das Selbstbestimmungsrecht der Schweiz wurde international anerkannt. Napoleon zog darauf seine Truppen aus der Schweiz zurück, erzwang jedoch die Abtrennung des Wallis. Hier waren ihm die Alpenpässe als Verbindung nach Italien wichtig. Die helvetische Regierung wehrte sich verzweifelt gegen die Föderalisten. Sie verfügte über gerade mal zwei Bataillone und etwas Artillerie unter dem Kommando des helvetischen Generals Joseph Leonz Andermatt. Dieser holte sich am 28. August 1802 am Renggpass bei Luzern eine blutige Nase.

Unterdessen hatte der Berner Patrizier Rudolf von Effinger aus dem Aargau eine kleine Truppe aus Bernern, Aargauern und Solothurnern aufgestellt, die gegen Bern marschierte, wo die helvetische Regierung sass. Auf dem Weg von General Schauenburg 1798 und von Rudolf von Effinger 1802 fuhren wir am Grauholz-Schlachtdenkmal vorbei vor die Tore Berns an der Untertorbrücke.

Als Effinger am 18. September 1802 hier eintrifft, hat die helvetische Regierung die Tore geschlossen. Kurz entschlossen wird ein Geschütz aufgestellt, und die Schiesserei beginnt. Dabei kommt der Leutnant Sigmund Rudolf von Erlach ums Leben, doch der Eintritt der Föderalisten in die Stadt wird erzwungen. Eine weggeschossene Gebäudeecke ist noch heute zu sehen. Darunter ist zu lesen: Stecklikrieg 1802. Der Name kommt von den „Stecken“ (Knüppeln), welche die Aufständischen bäuerlicher Herkunft oft mangels anderer Waffen mit sich führten. Die helvetische Regierung flieht nach Lausanne. Unterdessen verschiebt sich der Kampf gegen die Helvetik weiter nach Westen. Kommandant der aufständischen Föderalisten wird der Glarner Niklaus Franz Bachmann, der die helvetischen Truppen bei Faoug VD in einem Gefecht am 3. Oktober 1802 definitiv schlägt.

Weiter ging es mit der GMS-Gesellschaft zum ehemaligen Cluniazenserkloster und Schloss Münchenwiler. Gegründet als Filiale des Reformordens von Cluny im Burgund um 1080, wurde es durch Bern 1484 mit dem Einverständnis des Papstes säkularisiert und geschlossen. Münchenwiler war weder Teil der mit Freiburg geteilten Gemeinen Herrschaft Murten noch waadtländisches Untertanenland. Damit verblieb die Exklave Münchenwiler in den Mediationakten beim Kanton Bern. Von der ehemals grossen Klosterkirche sind nur noch der Chor und das Querschiff stehen geblieben. Von Münchenwiler war es nur noch ein Katzensprung nach Murten. Beim Denkmal des Berner Pfarrers und Schriftstellers Jeremias Gotthelf vor der deutschen Kirche fand unsere Exkursion ihren Abschluss.

Nach dem Zusammenbruch der Helvetik werden die Eidgenossen nach Paris zitiert. Napoleon erlässt 1803 eine neue Verfassung, die Mediationsakte. Den Föderalisten wird Rechnung getragen. Die Kantone erhalten ihre heutigen Grenzen. Tessin, Graubünden, St. Gallen, Thurgau, Aargau und Waadt werden Bundesmitglieder. Dem Verlangen von Bern nach Wiedereingliederung der Waadt und des Aargaus wird nicht entsprochen. Hauptstadt gibt es keine mehr: Die Vororte wechseln sich jedes Jahr ab. Vororte sind Freiburg, Bern, Solothurn, Zürich, Basel und Luzern. Das Wallis, Genf und der Jura bleiben allerdings französisch und werden erst mit dem Wienerkongress von 1815 eidgenössisch. Die Schweiz bleibt vorerst ein Vasall Frankreichs, insbesondere muss sie für Napoleon Truppen stellen. 1812 marschieren 12’000 Schweizer nach Russland. Die Reise war trotz des misslichen Wetters ein voller Erfolg. Jürg Stüssi-Lauterburg hat uns ein weitgehend unbekanntes Geschehen drastisch näher gebracht. Ihm sei dafür bestens gedankt.

 

Text: Andreas von Waldkirch (Grafenried)