Theodora I. mit ihrem Hofstaat; Mosaikbild aus San Vitale in Ravenna

Die Frühgeschichte: Griechen, Kelten, Römer. Der Dom von Modena als Leitbild padaner Romanik. Ravenna, Hochburg der Ostgoten und Byzantiner: Die Prachtbauten des Weltkulturerbes. Die Stadt im Fokus französischer Italienpolitik: Die Schlacht von Ravenna von 1512 als Frankreichs „Pyrrhussieg“. Garibaldi auf der Flucht vor den Österreichern. Letzte Wirrnisse: Der Vormarsch der Alliierten nach dem Durchbruch bei Rimini 1945.

Dienstag

07.15 Abfahrt mit Bus ab Zürich, Carparkplatz Sihlquai Fahrt über Bellinzona und Mailand nach Modena. Mittagessen in der Altstadt, danach Besichtigung des Domes. Weiterfahrt, Info über den Durchbruch der Alliierten bei Rimini 1945. Abendessen und Übernachtung im Hotel NJ Jolly, Ravenna

Mittwoch

Tag in Ravenna: Besichtigung des berühmten Mausoleums der Galla Placidia und der Basilika San Vitale. Nach dem Mittagessen Besuch des Grabmals Theoderichs und der venezianischen Festung Brancaleone. Abendessen in Ravenna. Übernachtung im Hotel NJ Jolly, Ravenna

Donnerstag

Busfahrt nach San Apollinare in Classe. Fahrt zur „Colonna dei Francesi“. Erläuterungen vor Ort zur Schlacht von Ravenna 1512. Nach dem Mittagessen Fahrt und Besichtigung des „Capanno Garibaldi“, der Zufluchtstätte Garibaldis. Weiter nach Comacchio, dem Ort mit dem schönen Hafentor. Kaffeehalt fakultativ. Weiterfahrt in Richtung Po-Delta zur Abtei Pomposa. Abendessen fakultativ. Übernachtung im Hotel NJ Jolly, Ravenna

Freitag

Tag in Ravenna: Besuch der Baptisterien der Orthodoxen und der Arianer mit den prächtigen Mosaiken, des Domes und der Sarkophage sowie Dantes Grab. Mittagessen in der Stadt. Danach Besichtigung der Kirchen von San Francesco und San Apollinare Nuovo. Gemeinsames Abendessen. Übernachtung im Hotel NJ Jolly, Ravenna

Samstag

Rückfahrt mit Bus. Auf Höhe Bologna Info über den Durchbruch der Alliierten bei Bologna 1945. Mittagessen und Kaffeehalt unterwegs (fak). Rückfahrt nach Zürich (18.30 ca. Ankunft in Zürich, Carparkplatz Sihlquai)

Reiseleitung

Christoph Baumann, Dr. med et phil I, Stäfa

Dr. Friedemann Pfenninger’s Reisebericht

Ravenna

Es ist nicht ganz einfach, von einer Reise mit einem dermassen weit gespannten Thema – „Krieg und Frieden“ könnte als Titel gewählt werden – zu berichten und das im vorgeschriebenen, engen Rahmen. Versuchen wir es so:

Ein langer, glänzender Zug prachtvoll gekleideter Frauen in byzantinischer Tracht zieht dort oben vorüber. Jede Frau trägt einen Kranz in der Hand, die Krone bestandenen Märtyrertums. Diese Krone wird nicht mit der nackten Hand gehalten, sondern durch ein Tuch hindurch. Ein Tuch? Nein, es ist der Schleier ihrer bewahrten, jungfräulichen Keuschheit, der vom Haupt herabfliesst. Als ich in die Kirche San Apollinare Nuovo eintrat, schien mir, dass diese glänzenden Damen nur stete Wiederholung einer Grundfigur seien, etwa so, wie die Reihe der Männer ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Schiffes. Nun aber entdecke ich mehr und mehr kleine Veränderungen. Im Gesicht etwa, in der ganzen Haltung. Die Kleider sind zwar gleich im Schnitt, doch das Muster des Stoffes ändert sich von Frau zu Frau. Aus den feierlich uniform gekleideten Frauen werden plötzlich Personen. Die darüber geschriebenen Namen verkünden, welche Märtyrerin es ist, die da in grausam kriegerischer Zeit ihr Leben als Opfer freudig hingegeben hat. Dort drüben, unter dem skizzenhaften, doch ebenfalls glänzenden Mosaikbild des Hafens von Ravenna beantwortet der Reiseleiter Dr. Christoph Baumann mit Kompetenz und Geduld die an ihn gestellten Fragen oder freut sich über neue Entdeckungen der Reiseteilnehmer. So bleibt immer noch Zeit, Neues am Zug der Märtyrerinnen, den drei eilenden Königen in ihren bunten, eng anliegenden Kleidern oder an Maria mit dem Kind zu finden. Zum Glück fehlte es während der ganzen Reise nie an genügend eigener Zeit.

Was haben wir doch nicht alles erlebt in diesen wenigen Tagen! Da ging es doch am Vortag um Garibaldi. Vor dem malerisch gelegenen „Capanno Garibaldi“ hörten wir von seinem unsteten Leben, von seinen immer wieder zum Scheitern verurteilten Zügen und Bemühungen, besonders aber auch vom Schicksal seiner Frau Anita Garibaldi, die hochschwanger dahin und dorthin geschleppt wurde, ehe sie an ihren Leiden starb. Im kleinen Museum in der Hütte sahen wir ihr Bild: eine junge zarte Frau. Die Büste an ihrem Sterbeort in Mandriole dagegen zeigt ein herbes, abgekämpftes Gesicht. Die Hütte selbst steht friedlich in einer ruhigen Landschaft. Der Blick gleitet unter alten Bäumen über eine weite Lagune hin. Dort steht ein weisser Reiher, auf der Wanderung hierher floh eine Eidechse über den Weg. Eine Schlange glitt davon. In den Kanälen hingen die aufgespannten Fischernetze vor den Hütten.

Vor Garibaldi ging es um die Schlacht von Ravenna 1512, von der die „Colonna dei Francesi“ das Denkmal ist. Frankreich, das seine Hegemonie über Norditalien festigen wollte und auch gegenüber den päpstlichen Truppen der heiligen Liga zuletzt siegreich blieb, musste sich dennoch bereits im Herbst wieder aus diesen Gebieten zurückziehen. Die Verluste in dieser Schlacht waren enorm. Bei den Franzosen fiel mehr als die Hälfte – worunter der General Gaston de Foix –, bei den päpstlichen Truppen gegen drei Viertel. Die grossen Verluste sind wohl hauptsächlich der intensiven Verwendung von Artillerie zuzuschreiben. Man spricht vom ersten Artillerieduell und bekommt eine Vorahnung von Marignano.

Wie gross war doch der Sprung vom ersten Erlebnis dieses dritten Tages in diese kriegerische, ja mörderische Welt Garibaldis oder dieser Schlacht. Denn der erste Besuch an diesem Tag galt San Apollinare in Classe beim ehemaligen römischen Kriegshafen – der heutige Hafen liegt zehn Kilometer davon entfernt. Dort verweilten wir lange Zeit vor dem prächtigen Auferstehungsbild in der Apsis. Es ist nicht nur ein Bild, funkelnd und prächtig. Es ist Kosmos, geordnete Schönheit. Den Gläubigen jener Zeit im 6. Jahrhundert, die sich nach den Schwierigkeiten in ihrem täglichen Leben – als Sklaven vielleicht – hierhin zur Andacht einfanden, war dieses Bild Bericht von einem Leben ohne Tränen. Diesem gingen sie entgegen, sofern sie das damalige Leben und Leiden im Dienste Christi bestanden hatten. Die Menschen jener Zeit werden das Bild auf andere Weise «gelesen» haben als wir, aus einem Empfinden heraus, das uns heute fremd ist. Wir brauchten den Kopf und besonders die Anleitung des Reiseleiters, der mit ansteckender Begeisterung uns „aufgeklärten“ Menschen des 21. Jahrhunderts aufschlüsselte, was in diesem symmetrisch aufgebauten Bild alles berichtet wird. Von allem, was wir hier sahen, ist nichts ohne Bedeutung. Seien es nun die Schafe, welche aus zwei Stadttoren – einem zur Rechten und einem zur Linken, das heisst Bethlehem und Jerusalem – hervorkamen, sei es das Auferstehungskreuz im Sternenhimmel mit einem Medaillon Christi im Zentrum, seien es selbst die Palmen am Bildrand. Ja, diese Palmen! Ich nehme an, dass kaum einer von den meist sehr eiligen Besuchern auf sie aufmerksam wird. Doch uns, die wir uns genügend Zeit nahmen und dieses Bild zu lesen versuchten, wurden sie – wie alles – bedeutungsvoll. Da entdeckte jemand, dass jeder Baum elf Früchte trug, während die zwölfte zu Boden gefallen war und keimte. Mit dem Feldstecher entdeckte ein anderer den dünnen Bach am Fuss der Palme. Hinweis auf den ersten Psalm, der den Gott wohlgefälligen Mann mit einem fruchtbaren Baum am Wasser vergleicht? Ob damals dieser Bezug selbstverständlich war?

So hell wie San Apollinare in Classe, wo wir das eben beschriebene Apsismosaik zu ergründen suchten, sind nicht alle Kirchen in Ravenna. Mehrere sind auch nicht gemäss dem uns vertrauten basilikalen Schema aufgebaut, mit lang gezogenem Hauptschiff mit meist zwei niedrigeren Seitenschiffen, eine von der römischen Geschäftshalle = basilica übernommene Form. San Vitale etwa, das wir an unserem ersten Tag in Ravenna besuchten, ist auf dem von Byzanz herkommenden oktogonalen Grundriss erstellt. Sie ist weit düsterer im Inneren. In der Apsis sind Mosaike verschiedenen biblischen Inhaltes zu finden. Besonders bekannt sind jene, die Kaiser Justinian (527–565) bzw. Kaiserin Theodora je samt Hofstaat darstellen.

Ein absoluter Höhepunkt jedoch ist das sog. Mausoleum der Galla Placidia, über einem lateinischen Kreuz erbaut. Das älteste Mauerwerk, das uns in unverändertem Zustand erhalten geblieben ist. Früher war es höher, doch ist es wie fast alle Bauten in den Sumpfboden Ravennas eingesunken. In der Krypta von San Francesco z.B. steht das Grundwasser hoch, Goldfische schwimmen darin. Der niedere Raum des Mausoleums ist sehr düster, und es braucht einige Zeit, bis sich das Auge an diese Düsternis gewöhnt hat. Doch dann beginnen die Mosaike geheimnisvoll zu leuchten: Der fröhliche Laurentius mit seinem Siegeskreuz neben dem Rost, auf dem er das Martyrium erlitten hat. Noch flackert ein heftiges Feuer darunter. Oder gegenüber der Türe: Der gute Hirte, eines der Schafe streichelnd. Wenn etwas all diesen Mosaiken gemeinsam ist, so ist es dies: Bei uns im Westen wird Christus meist leidend, als gequälter Märtyrer dargestellt, hier in Ravenna gemäss byzantinischer Tradition als Sieger. Der Märtyrer hat seine Qual überwunden. In der Kapelle des Erzbischofs sehen wir sogar Christus militans: in Uniform, das Siegeskreuz mit knospenden Armen und Stamm statt der Lanze. Nein, noch ein gemeinsames Merkmal: Die Bauten weisen keinerlei äusseren Schmuck auf. Kahle Backsteinmauern umschliessen die Pracht der Mosaike.

So führte uns der Reiseleiter mit „feu sacré“ von Kostbarkeit zu Kostbarkeit, sei dies ein glänzendes Mosaik, sei es die zerfallende venezianische Festung in Ravenna. Zuletzt aber brachte er uns immer wieder in ein sorgsam ausgewähltes Lokal, in dem stets ein vorzügliches Essen auf uns wartete, das die Geselligkeit pflegen half.

Text: Dr. Friedemann Pfenninger (Zürich)