Rheingold, der Loreleymythos und das “Wunder von Remagen“. Die 9. US Panzerdivision auf ihrem Weg zum Rhein im März 1945.

Samstag

Individuelle Anreise nach Basel
08.12 Abfahrt mit ICE 278 ab Basel SBB
11.18 Ankunft in Mainz
Ab Mainz Fahrt mit Bus zum Niederwalddenkmal. Mittagessen in Assmannshausen. Weiterfahrt zum Loreley Felsen und anschliessend nach Unkel. Zimmerbezug und Abendessen im Rheinhotel Schulz, Unkel am Rhein

Sonntag

Einführung im Hotel, anschliessend Fahrt auf die Erpeler Ley. Orientierung über Gelände und Verteidigungsdispositiv. Fahrt in den Bereitstellungsraum der Taskforce Engeman (9. US Pz Div) bei Meckenheim. Weiterfahrt im damaligen Angriffsstreifen über die Apollinarishöhe nach Remagen. Mittagessen im Brauhaus am Rhein. Nachmittags Führung durch das “Friedensmuseum Brücke von Remagen“ und Besuch der Gedenkstätte des Kriegsgefangenenlagers “Goldene Meile“ bei Sinzing. Rückfahrt zum Hotel. Abendessen und Übernachtung im Rheinhotel Schulz, Unkel am Rhein

Montag

Besuch des Willy-Brandt-Forums in Unkel. Besuch des Klosters Maria Laach. Mittagessen im Seehotel Maria Laach am Laacher See. Fahrt zur Mahnstätte der Deutschen Einheit am „Deutschen Eck“. Transfer zum Bahnhof Koblenz

15.48 Abfahrt ab Koblenz Hbf mit IC 2117
19.45 Ankunft in Basel SBB

Individuelle Rückreise ab Basel

Reiseleitung

David Accola, Oberst i Gst, Eggiwil

Georg Wyss‘ Reisebericht

Rheingold und Remagen

Eine muntere Schar von 26 Frühaufstehern traf sich bei regnerischem Wetter um acht Uhr im Bahnhof Basel. Im ICE reisten wir bequem nach Mainz, wo wir bereits von der Sonne empfangen wurden. Das prächtige Frühlingswetter sollte uns während der ganzen dreitägigen Reise erhalten bleiben.

Das Thema des ersten Tages lautete „Deutsche Mythen: Das Lied der Nibelungen, Rheingold und die Loreley“, ein Besuch in der UNESCO Welterbe-Kulturlandschaft „Oberes Mittelrheintal“. Von Mainz aus fuhren wir per Bus weiter an das rechtsrheinische Ufer, wo wir das in der Nähe von Rüdesheim gelegene Niederwalddenkmal ansteuerten. Der Anlass zur Erbauung des Niederwalddenkmals war der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 und die anschliessende Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Januar 1871. Das 1883 eingeweihte Denkmal soll der Einigung Deutschlands gedenken.

Bereits im Zug war uns von Reiseleiter David Accola, Oberst i Gst, eine von ihm zusammengestellte, 22 Seiten starke, ergänzende Dokumentation „Die Loreley, Fels im Rhein und deutscher Traum“ zum Studium ausgehändigt worden. Auf der Busfahrt zur Loreley konnten wir uns somit nochmals entweder in die hervorragenden Reiseunterlagen vertiefen oder die vorbei gleitende Rheinlandschaft geniessen. Beeindruckend waren der äusserst rege Schiffsverkehr, die vielen Burgen und Schlösser sowie die Pfalz bei Kaub, welche uns an die einstigen Wasserstandsmeldungen von Radio Beromünster erinnerte.

Dank unseres Cars waren wir der Mühe enthoben, den 125 m über dem Rhein aufragenden, sagenumwobenen Loreleyfelsen zu Fuss besteigen zu müssen. Die Aussicht von oben war grossartig. Bedeutend schlechter soll es in früheren Zeiten den Schiffern ergangen sein, wenn sie unachtsam zur Loreley hinaufsahen, um einen Blick auf die ihr goldenes Haar kämmende Nixe zu erhaschen. Zeitweise soll sie auch mit ihrem Gesang die Schiffsleute so abgelenkt haben, dass sie zu wenig auf die gefährliche Strömung achteten und an den Felsenriffen zerschellten. Das vor und nach der Enge rund 300 m breite Flussbett des Rheins wird durch die Felsbarrieren bei der Loreley auf 145 m eingeengt, bei einer Tiefe von 25 m. Dies sind die engsten und tiefsten Stellen des Rheins auf seinem schiffbaren Abschnitt.

An diesem seit grauer Vorzeit besiedelten Ort – die ältesten Siedlungsfunde auf dem Plateau des Loreleyfelsen datieren aus dem 6.–5. Jahrtausend v. Chr – hielt David Accola nochmals ein zusammenfassendes Referat über die Mythen um das Nibelungenlied, das Rheingold und die Loreley. Nach einer kurzen Stärkung im Bergrestaurant auf der Loreley nahmen wir den letzten Streckenabschnitt für den heutigen Tag unter die Räder. Vorbei an der Stätte des kürzlichen Schiffsunglücks auf der Höhe von St. Goar, wo ein umgekippter Lastkahn für mehrere Tage die Schifffahrt lahm gelegt hatte, erreichten wir nach einer angenehmen Fahrt durch die reizvolle Landschaft das malerische Kleinstädtchen Unkel. Die heute noch mittelalterlich geprägte Stadt liegt etwa 20 km südlich von Bonn und zählt heute rund 5000 Einwohner. Der im Jahre 886 erstmals urkundlich erwähnte Ort, bekannt als Rotweinstadt, war immer wieder Wohnsitz bekannter Persönlichkeiten aus Kultur und Politik. Unser unmittelbar am Ufer gelegenes Rheinhotel Schulz sollte uns für die beiden kommenden Nächte eine komfortable Unterkunft bieten.

Der zweite Tag galt dem militärischen Aspekt der Reise unter dem Thema „Das Wunder von Remagen“, die Inbesitznahme der Ludendorff- Eisenbahnbrücke durch die US-Truppen am 7. März 1945. In einer Präsentation vermittelte uns der Reiseleiter einen Überblick über den Tagesablauf und erläuterte die wichtigsten Punkte aus seiner Dokumentation, bevor wir mit dem Bus zu einer Orientierung im Gelände auf die Erpeler Ley fuhren. Die Ludendorff-Eisenbahnbrücke war während des Ersten Weltkrieges gebaut worden, um die links- und rechtsrheinischen Schienennetze hinsichtlich Frontversorgung in Frankreich besser miteinander zu verbinden. Berühmt wurde die Brücke von Remagen am Ende des Zweiten Weltkrieges, als sie, nach einem untauglichen Sprengversuch durch die deutschen Truppen, unerwartet und nahezu unversehrt am 7. März 1945 in die Hände der US-Armee fiel. Die Eisenbahnbrücke war noch von den Deutschen mit Bohlen zwischen den Schienen und Rampen an beiden Enden für Fahrzeuge benutzbar gemacht worden. Dieser Glücksfall trug wesentlich zum raschen Ende der deutschen Abwehrstellung am Rhein bei. Als die Brücke nach zehn Tagen, also am 17. März 1945, ohne feindliche Einwirkung unerwartet einstürzte, hatten bereits gegen 100’000 Mann der angreifenden US-Truppen die Brücke überquert. Zudem waren in der Zwischenzeit drei über den Rhein geschlagene Pontonbrücken in Betrieb genommen worden.

Von der Erpeler Ley hat man einen ausgezeichneten Überblick auf das Gelände des damaligen Geschehens. Direkt gegenüber am anderen Rheinufer liegt die Stadt Remagen mit den zwei Türmen des stehen gebliebenen Brückenpfeilers. Ganz rechts das Waldgebiet, durch das die Task Force Engeman von Westen her an den Rhein vorstiess.

In der zweiten Hälfte des Vormittags wollten wir den Vorstoss der Task Force Engeman am 7. März 1945 nachvollziehen. Dazu wechselten wir in Bonn auf das linke Rheinufer und fuhren nach Meckenheim, etwa 15 km westlich von Remagen. Mit dem Bus und zu Fuss folgte unsere Gruppe der damaligen Vormarschachse durch die engen Dörfer und das Waldgebiet bis hinunter nach Remagen.

Nach dem Zusammenbruch der Ardennenoffensive rückten die Alliierten auf breiter Front an den Rhein vor. Im Zentrum des Geschehens um Remagen stand ein Gefechtsverband der 9. US-Panzerdivision. Am Morgen des 7. März 1945 setzte sich die Task Force Engeman von Meckenheim aus in Bewegung und erreichte um die Mittagszeit das Waldgebiet nordwestlich von Remagen. Von einem Geländesporn aus erblickte der Kommandant der Spitzenkompanie, der 20-jährige Lt Timmermann, zu seinem grossen Erstaunen die intakt gebliebene Rheinbrücke. Die Kommandanten vor Ort beschlossen, entgegen ihrem Auftrag die Brücke einzunehmen. Um 15 Uhr standen die ersten Einheiten an der Brücke, und bis um 17 Uhr konnte auf der gegenüberliegenden Seite ein kleiner Brückenkopf aufgebaut werden. In den ersten 24 Stunden nach der Einnahme der Ludendorff-Eisenbahnbrücke gelang es rund 8000 Soldaten, mit Fahrzeugen und Material den Rhein zu überqueren.

Nach dem Mittagessen im Restaurant Brauhaus am Rhein, an den Remager Quaianlagen am Rheinufer gelegen, stand ein Besuch des Brückenmuseums auf dem Programm. Mit grossem Enthusiasmus erzählte uns Ex-Oberbürgermeister Kuerten die Geschichte der Brücke und seines Friedensmuseums. Vor rund 30 Jahren hatte er mit einer Gruppe Gleichgesinnter das Brückenkopfgelände gekauft und in den beiden Türmen ein eindrückliches Museum eingerichtet.

Auf dem Rückweg nach Unkel machten wir noch einen kurzen Halt bei der Gedenkstätte für das Kriegsgefangenenlager „Goldene Meile“. Von April bis August 1945 waren hier auf offenem Gelände unter misslichsten Umständen insgesamt 280’000 deutsche Soldaten und andere verdächtige Personen festgehalten worden. Die um die 1000 hier Verstorbenen sind in der Nähe in einem Ehrenfriedhof beigesetzt.

Der dritte und letzte Tag stand unter dem Thema „Sehenswürdigkeiten am Wege“ und begann wie gewohnt mit einer Aufdatierung der Gruppe im Seminarraum des Hotels. Als erste zahlende Besucher besichtigten wir anschliessend das am Vortag eröffnete Willy-Brandt-Forum Unkel. Willy Brandt verbrachte nach einem turbulenten Leben seine letzten Jahre in Unkel, wo er 1992 verstarb. Der stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates, Rudolf Barth, führte uns durch das kleine Museum mit einer Fülle von ausgestellten Dokumenten und persönlichen Gegenständen wie Brandts Stuhl im Bundestag oder das Arbeitszimmer in seinem Wohnhaus in Unkel.

Weiter ging es per Bus und Fähre auf die linke Rheinseite zum Kloster Maria Laach am Laacher See. Beim Eingang zum Besucherzentrum wurden wir von Pater Johannes empfangen und, anstelle vieler Erklärungen, zu einem Film über das Klosterleben eingeladen. Wir hatten auch Gelegenheit, in der Abteikirche dem Mittagsgebet und dem eindrücklichen gregorianischen Chorgesang der Mönche beizuwohnen. Die Benediktinerabtei Maria Laach wurde im Jahre 1093 gegründet und gilt als eines der ältesten und grössten romanischen Bauwerke Deutschlands. Im Kloster leben heute noch über 50 Mönche, die zusammen mit vielen weltlichen Hilfskräften eine ganze Anzahl von Betrieben führen, wie z.B. die Klostergärtnerei, eine Glockengiesserei oder die Klostergaststätte, wo wir in gepflegtem Ambiente und fröhlicher Stimmung das Mittagessen einnahmen.

Nach einer letzten Busfahrt erreichten wir die Stadt Koblenz und das zwischen der Moselmündung und dem Rhein gelegene Deutsche Eck mit dem Kaiser Wilhelm I.-Denkmal. Das Reiterstandbild wurde 1897 eingeweiht. Im Zweiten Weltkrieg wurde die 14 m hohe Reiterfigur zerstört, und der Sockel blieb während 45 Jahren als „Mahnmal der deutschen Einheit“ stehen. Erst 1993 wurde eine neu gegossene Reiterfigur auf den Sockel gehievt.

Am Schluss seiner Ausführungen zum Denkmal zitierte der Reiseleiter einen Ausspruch von Kurt Tucholsky, der 1930 das monumentale Standbild besucht hatte. Tucholskys trockener Kommentar: „Zusammenfassung, es war grossartig!“ Das möchten die Reiseteilnehmer auch Reiseleiter David Accola zurufen. Ein interessantes, gut abgestimmtes Programm, hervorragend dokumentiert und bis zur letzten Minute präzise durchgeführt. Kompliment und herzlichen Dank!

Text: Georg Wyss (Bülach)