Im Rahmen eines Längsschnitts durch die Schweizer Geschichte wird die GMS an den nächsten Tagungen historische Fragen aus der Gründungszeit der Eidgenossenschaft aufwerfen. An der ersten Veranstaltung im November 2010 haben drei Referenten zu Mythos und Realität der Gründungszeit Stellung genommen.

Gründungsgeschichte der Eidgenossenschaft: ein neues Thema für die GMS-Herbst- und Frühjahrstagungen

Gemäss Andreas Meyerhans war die Schweiz um 1300 kein geschlossener Gesellschaftsraum. In seinem Referat «Gründungszeit ohne Eidgenossen» verwies der Historiker und Redaktor der Schwyzer Kantonsgeschichte auf die Tatsache, dass zur damaligen Zeit «verschiedene Köche am Kochen» waren. Gemeinsame Existenzsicherung war der Gotthard als Verbindung über die Alpen. Entscheidender Machtfaktor aber waren die Klöster. Die Adligen waren in der Innerschweiz sowohl Partner als auch Konkurrenten. Am Beispiel des heutigen Kantons Schwyz erläuterte Meyerhans die Herrschaftsverhältnisse, die eher einem Flickenteppich ähnlich waren denn einem geschlossenen Herrschaftsraum. Die Eidgenossenschaft hat sich erst nach 1415 oder gar 1450 als Herrschaftsgebiet zu bilden begonnen.

Die Letzischlacht: Michael Hess, Historiker und Verfasser mehrerer Ausgaben der bekannten Reihe «Militärgeschichte zum Anfassen», nahm zum Phänomen der Letzischlacht Stellung. Die Letzi hatte nicht nur die ihr heute so stark zugedachte militärische Schutzfunktion, sondern war vor allem auch Grenzzeichen und diente als Zollstation sowie zum Schutz gegen Naturgewalten. Anhand der Beispiele am Morgarten und bei Näfels zeigte er auf, dass die Letzi den Gegner kanalisierte sowie auf der Flucht hinderte und verlangsamte, was zu einem Auflaufen und Gedränge vor der Letzi führte, wo dann Chaos und Panik entstehen konnten. Mythen – Darstellungen in dichterischer Sprache: Mythen sind nicht Irrtümer. Das Wesentliche des Mythos ist die Darstellung und Vermittlung von tiefen Wahrheiten in dichterischer Sprache.

Zur Verdichtung der Heldenfigur Arnold von Winkelried sprach Hans Rudolf Fuhrer. Er zog das Fazit, dass die eidgenössischen Helden – auch Winkelried – von Generationen geschaffen wurden, welche den ethischen Sinngehalt der Heldentat als wertvolle Botschaft für ihre Zeit empfanden. Im Kreise der patriotischen Aufklärer des späten 18. Jahrhunderts waren die populärsten Gestalten der Schweizer Geschichte immer mehr in den Vordergrund gerückt. Arnold von Winkelried, Wilhelm Tell und Niklaus von Flüe waren fortan die Inkarnation vaterländischer Programme, die zur ideologischen Stärkung und Einigung der zerstrittenen und unsolidarischen Eidgenossenschaft neu aufgebaut wurden.