Bevor ich mich anschicke, einen Beitrag als Testimonial zu verfassen, gestatten Sie mir, einen grossen Dank an das gegenwärtige Management der GMS, dem Präsidenten Herrn Dr. Georges Bindschedler, dem Reisechef/Redaktor, Herrn Oberst i. Gst. a.D. David Accola, und dem Chef Tagungen /Schriftenreihe, Dr. Dieter Kläy, sicher auch in Ihrem Namen meinen besten Dank für die vorzüglichen Leistungen zur Erhaltung und Entwicklung unserer GMS auszusprechen. Alles, was aus der „Küche“ dieser Organisation kommt, ist schlichtweg einmalig: die Reiseangebote und deren Durchführung, die zahlreichen Schriftstücke und Anlässe suchen Ihresgleichen. Der Dank darf auf den ganzen Vorstand und auf die ebenso vorzüglichen Hilfen im Hintergrund erweitert werden.
Mit Jahrgang 1933 hatte ich als Auslandschweizerbub in Mailand einen äusserst interessanten Start in die Kriegsgeschichte. Das faschistische Italien war in voller Aufrüstung, Aufmärsche aller Art – vor allem die Bersaglieri, die mit ihren Federn auf dem Helm immer im Laufschritt antraten, hatten es mir angetan – , Krieg in Abessinien ausschliesslich mit Erfolsmeldungen, der Spanienkrieg 1936 – 1939 mit „glorioser“ italienischer Beteiligung auf Francos Seite und schliesslich am 10. Juni 1940 den ersehnten Kriegseintritt gegen Frankreich! Es brauchte wenige Jahre, um den Enthusiasmus zu dämpfen: totale Misserfolge in den Griechenland- und Libyenfeldzügen 1941 und 1942/43, Vernichtung der faschistischen Beteiligung im Russlandfeldzug und die zermürbenden Flächenbombardierungen der Städte in Italien selbst haben zur Einsicht der Aussichtslosigkeit des Zweiten Weltkrieges und schliesslich am 25. Juli 1943 zum Sturz Mussolinis geführt. Italien war dann getrennt: auf der einen Seite die Faschisten mit der Wehrmacht, auf der anderen die Aufständischen (zunächst „ribelli“, dann „partigiani“). Auf der einen Seite die Schlachten an der Front gegen die von Süden her angreifenden Alliierten, auf der anderen im Inneren die wüsten Partisanenkämpfe, die zu einem eigentlichen Bürgerkrieg ausarteten. Nach sehr schweren Auseinandersetzungen kam der 25. April 1945, der Tag der Befreiung (Giorno della Liberazione)!
Diese meine Kindheit habe ich als reifer Mann dank GMS nochmals 1:1 erlebt. Mit den Reisen nach Sizilien, Salerno, Anzio und Monte Cassino sind mir die damals in den Zeitungen und am Radio eifrig verfolgten ersten Schritte der Alliierten im Süden Italiens wieder in Erinnerung gebracht worden. Äusserst präsent wurde mir in erhärteten Details das Leben Mussolinis – dass er Frauen vernaschte und ein Liebesnest hinter seinem Studio im Palazzo Venezia hielt, wussten wir schon in der 5. Primarklasse! Eine skurrile Begebenheit scheint mir erwähnenswert: Auf der Reise Nr. 26/2007 „Mussolinis Aufstieg und Fall“ übernachteten wir im Hotel Campo Imperatore auf dem Gran Sasso d’Italia, wo Mussolini in einem Zimmer im 1. Stock gefangen gehalten wurde. Das Zimmer ist heute ein kleines Museum zur Erinnerung an den damaligen hohen Gast auf seiner Flucht vor Italienern und Engländern. Das Schlafzimmer nebenan, ich glaube es war die Nr. 12, war m e i n Zimmer auf dieser denkwürdigen Reise auf den Spuren Mussolinis. In der Reisedokumentation umfassend beschrieben mit vielen Einzelheiten sind die letzten Jahre des Duce mit seinem Wirken in Salò am Gardasee. Der Informationsstand der Bevölkerung war eher nebulös; was indessen interessiert breitgeschlagen wurde, waren Gerüchte um die Kämpfe der Partisanen und der möglichen Nachkriegsordnungen.
In diesem Umfeld bin ich vom Buben zum Jüngling herangewachsen und dank der soliden Gesinnung meiner Eltern immer auf dem freiheitlichen Weg eines echten Schweizers geblieben. Es ist klar, dass mich diese unmittelbar miterlebten Zeiten stark geprägt haben. Ich hatte immer ein ausgeprägtes geschichtliches Interesse am Militär und bedaure, dass sich Ciceros Spruch „si vis pacem, para bellum“ nicht in den Köpfen aller vernünftigen Leute eingeprägt hat! Wenn Du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor!
Die von der GMS angebotenen Reisen entsprechen in jeder Beziehung meinen Bedürfnissen: erlebte Auseinandersetzung in einem grösseren historischen Umfeld, praxisnahe Aufarbeitung der Geschehnisse, Erweiterung des Horizonts. Das Ganze erlebt in einem Kreise Gleichgesinnter – nicht Pazifisten, aber friedlicher Menschen – , mit denen sich kameradschaftlich austauschen lässt!
Während meiner Mitgliedschaft in der GMS habe ich – des öfteren mit meiner Frau – 50 Reisen mitgemacht, einzelne sogar initiiert. Neben den Klassikern „D-Day“ und „Monte Cassino“ – eigentlich Pflichtreisen eines jeden GMSler – möchte ich auf die in jeder Beziehung geglückte Schifffahrt nach Holland und Belgien mit 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu Anlass der 1000. GMS-Reise im Jahre 2017 hinweisen: eine gewaltige organisatorische Meisterleistung unseres Reisechefs! Und nun – zum Schluss meines Testimonials – die Schilderung einer seltenen Begebenheit, die ich nur dank der GMS erleben konnte.
Mittwoch, 16. Juli 2008, Hotel Edelwais (sic!) in Tegenekli (Russland) Orientierung über den Kampf am Elbrus, mit 5642 M.ü.M der höchste Berg im Kaukasus, mit anschliessender Fahrt auf Sesselbahnen und Ratrac auf etwa 4000 M.ü.M in die äussersten deutschen Stellungen im Osten. Gegenüber, nur einige hundert Meter entfernt, lagen in ihren Stellungen die verteidigenden Russen. So weit ist die Wehrmacht im Januar 1943 in härtesten Kämpfen gekommen auf ihrem langen Weg zur geplanten Eroberung der Ölfelder im Nahen Osten, wo die Achsenmächte von Libyen herkommend die riesige Zangenbewegung geschlossen hätten. Neben dem Besuch von Stalingrad auf der Barbarossa Reise III im Sommer 2017 hat dieser Ort emotional ein klares Zeichen zur Wende des Krieges gesetzt: „Bis hierher und nicht weiter“!
© Jürg Gerster-Schulthess Frühjahr 2025