Testimonial Hans Bollmann

GMS und kein Ende!

1789 hielt Friedrich Schiller an der Universität von Jena seine Antrittsvorlesung als a.o. Professor für Geschichte. Wir waren nicht dabei, hätten vermutlich auch keinen Platz mehr gefunden im Hörsaal, denn der Andrang war sehr gross. Schiller war schon be-rühmt und der Titel der Vorlesung verheissungsvoll: „Was heisst und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“ Die Frage kennen wir GMS-Mitglieder – jeweils reduziert auf die Militärgeschichte. Es ist die gelegentliche Frage von Freunden und Bekannten, was denn das Faszinosum militärhistorischer Reisen der GMS sei. Manchmal wird dies nicht gefragt, sondern uns GMSlern einfach (im wahrsten Sinne einfach!) eine gewisse Skurrilität unterstellt. Letzteres irritiert uns nicht, denn von jeder weiteren GMS-Reise kommen wir noch etwas abgeklärter zurück. Wir erleben, was Militärgeschichte bedeutet und zu welchem Ende ihr Studium führt. Zu keinem eben. Weder das Studium der Universal noch dasjenige der Militärgeschichte führt je zu einem endgültigen Ende oder Schluss, zur letzten Kenntnis, Welche uns befähigen müsste, in Zukunft keine Fehler mehr zu machen. Der Historiker Christopher Clark sagte einmal in einem mit der NZZ geführten Interview, die Geschichte gebe uns keine pauschalen Handlungsanweisungen, sondern sei eher wie das Orakel von Delphi. Aber, meinte Clark weiter, weise könne man schon werden durch das Studium der Geschichte. Allein durch den Versuch zu verstehen und zu erklären, vertiefe man das Bewusstsein für heutige Probleme. Das reimt sich etwas mit dem, was Jacob Burckhardt einst schrieb: Aus der Geschichte kann man nichts lernen fürs nächste Mal, aber weise werden für alle Zeit! So kommen wir denn vielleicht von jeder GMS-Reise ein ganz kleines Stückchen weiser zurück, jedenfalls mit einem immer noch besseren Verständnis für heutige Probleme. Gerade für die heutigen Probleme! Eine gewonnene Weisheit, die wir von jeder GMS-Reise heimbringen, ist die Erkenntnis, dass Militärgeschichte ein ganz wesentlicher Teil der Universalgeschichte Schiller’scher Terminologie bildet. Nach 1989 kam mal die Meinung auf, Universalgeschichte würde in Zukunft ohne die Militärgeschichte geschrieben werden, letztere habe sich überholt. Leider trifft eher das Gegenteil zu, wer-den doch archaische Aspekte der Universalgeschichte heute wieder erschreckend aktuell und Teil der heutigen Realität. Der Spruch vivere militare est wurde vor 2000 Jahren geprägt; er stimmt noch immer. Auf den GMS-Reisen erleben wir, zu was Menschen fähig sind, einzeln und in der Masse, im Guten und im Bösen. Auch Gutes im Bösen sehen wir, sei es auf dem grossen Feld von Solferino oder als Kleinkunst an der Wand einer Festung. Im Extremen wird alles deutlicher. Die Militärgeschichte verdeutlicht die Universalgeschichte. Deshalb darf man GMS-Reisen, wenn man es denn möchte, auch als Bildungsreisen bezeichnen. Dies auch, weil GMS-Reisen immer auch unsere Geographiekenntnisse verfestigen und notabene meist auch noch kulinarisch abrunden.

© Hans Bollmann 21.01.2024