Hider Ali und Tipu Sultan: innovative Herrscher im Kampf gegen die Britische Kolonialisierung Südindiens 1767-1799

Inhalt aktualisiert am 16.02.2024
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ZUM REISEBERICHT


Reiseleitung: Georges Bindschedler

Zwölf Reisetage

Neue Reise


Thematische Umschreibung


Indien ist ein verkannter Kontinent. Vorurteile prägen unser Bild von Indien, das als rückständig, überbevölkert, arm und schmutzig gilt. Diese Reise wird ein aktuelles Bild des modernen Indiens vermitteln, ein sich im Aufbruch befindliches Land zeigen und ausserdem auch die landschaftliche Schönheit und kulturelle Vielfalt Indiens erschliessen.

Der Ruf Indiens war auch schon in früheren Zeiten zweifelhaft. Die beiden Herrscher von Mysore, Haider Ali und sein Sohn Tipu Sultan, führten zahlreiche Kriege gegen die um-liegenden Fürsten und Herrscher und von 1767 bis 1799 auch vier Kriege gegen die Engländer, gegen die sie aber letztlich unterlagen. Insbesondere Tipu Sultan, der auch der „Tiger von Mysore“ genannt wurde, erwarb sich in diesen Kriegen den Ruf eines fanatischen und brutalen Despoten; viel davon ist von den Briten geförderte Legende. Tatsache jedoch ist, dass Hider und Tipu talentierte Kriegsherren waren, welche den Briten im Wege standen. Anderseits werden die beiden von den Indern als Unabhängigkeitsprotagonisten idealisiert; sicher galt ihr Kampf dem Erhalt einer gewissen Unabhängigkeit von den Briten, aber nicht nur. Die Einnahme von Tipu’s Hauptstadt Seringapatam im Frühling 1799 durch die Engländer bedeutete das Ende der Selbständigkeit des Königreiches Mysore und die endgültige Beherrschung Südindiens durch die Briten.

Haider Ali und Tipu Sultan sind aber auch als geschickte Verwalter und Reformer des Mysore-Reiches in die Geschichte eingegangen. Militärhistorisch sind Hider Ali und Tipu Sultan bekannt durch ihren grossmassstäblichen Einsatz von Kriegsraketen, die mit Metallzylindern ausgestattet waren, damit sie eine stärkere Treibladung enthalten konnten und eine höhere Reichweite als herkömmliche militärisch eingesetzte Raketen erzielten. Die Briten brachten diese Raketen später nach England, wo sie weiterentwickelt wurden; es setzte in Europa eine Rakten-Euphorie ein und alle europäischen Armeen – wie auch die eidgenössische – glaubten, Raketen einführen zu müssen, schafften sie aber nach zweifelhaften Resultaten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder ab.

 

Reiseprogramm


Die Reise führt an die wichtigsten historischen Schauplätze des Königreiches Mysore.

Die Reiseroute

Bangalore mit Tipu‘s Sommerpalast und seinem Fort sind Ausgangspunkt für Ausflüge nach Devanahally, dem Geburtsort von Tipu Sultan und eine von ihm befestigte Stadt. Schwerpunkt sind der Besuch von Tipu Sultans Hauptstadt Seringapatam, das zwei mal von den Engländern belagert worden ist und wo die entscheidenden letzten Gefechte zwischen den Briten und Tipu Sultan stattfanden, die zur Eroberung dieser Stadt durch die Briten führten. Die Befestigungen von Seringapatam sind weitgehend erhalten und auch die Umgebung sieht ähnlich wie damals aus; die Erstürmung der Stadt durch die Engländer kann im Gelände gut nachvollzogen werden.

Sturm auf Seringapatam

Auf Seiten der Briten kämpfte der spätere Sieger von Waterloo, Arthur Wellesley, der spätere Duke of Wellington, und sammelte dort erste Kriegserfahrungen. Auch ein Schweizer Söldnerregiment, das Regiment de Meuron, war auf britischer Seite im Einsatz; einzelne Kämpfer liegen in Seringapatam begraben.

Weiter geht die Reise nach Südwesten, über Palakkad, wo ein gut erhaltenes und landschaft-lich schönes Fort aus der Zeit von Tipu Sultan steht, nach Kochi, der historischen Stadt, wo Vasco da Gama begraben liegt.

Das Grab von Vasco da Gama

Neben militärhistorischen Sehenswürdigkeiten kommt Kultur, beispielsweise Besuche tausendjähriger Tempel, nicht zu kurz; ebenso bildet die Wirtschaft des Landes ein Thema, werden doch insbesondere die von Tipu Sultan seinerzeit eingeführte und geförderte Seidenraupenzüchtung und -verarbeitung studiert.

Geschmückte Elefanten in Kochi

Eine Elefantensafari und der Besuch eines „bird sanctuary“ dürfen in einem solchen Programm auch nicht fehlen. Übernachtet wird in erstklassigen, meist schön gelegenen Hotels.

Der Ablauf der Reise im Überblick


Erster Reisetag

Flug nach Bangalore via Dubai (Emirates), Abu Dhabi (Ethiad) oder Doha (Qatar Airways).

Zweiter Reisetag

Ankunft in Bangalore vor Lunch, Erholung im Hotel. Generelle Einführung in die Reise, zur Geschichte Indiens, von Mysore und zur befestigten Stadt Devanahalli.

Bangalore Fort

Dritter Reisetag

Besichtigung der befestigten Stadt Devanahalli und des Denkmals an Tipu Sultans Geburtsort. Information zu Bangalore und Kaffee-Wirtschaft.

Palakkad Fort

Vierter Reisetag

Besuch einer modernen Kaffeerösterei, anschliessend des Bangalore Fort und von Tipu Sultans Sommerpalast. Einführung zur Seidenindustrie.

Bangalore Palace

Fünfter Reisetag

Besuch einer Seidenraupenzucht und des Cocoonmarket sowie des Tipu Sultan Museums in Bangalore.

Seidenraupenzucht

Fahrt nach Mysore, über Savanadurga, wo auf einem hohen und umfangreichen Felsen eines der zahlreichen berühmten „Hill Forts“ aus der Zeit von Tipu steht. Weiter über Malavalli, Besuch des dor­tigen Schlachtfeldes, wo Tipu in offener Feldschlacht am 14.3.1799 versuchte, die Briten aufzuhalten, bevor sie Seringapatna erreich­ten.

Am Nachmittag Besuch des Mysore Palace in der alten Zitadelle

Einführung zu Seringapatam Fort und den beiden Belagerungen von 1792 und 1799.

Sechster Reisetag

Fahrt von Mysore über den Karighata Hügel (Lord Srinivasa Tem­pel), wo man einen schönen Rundblick über das Gebiet von Seringapatam geniesst und wo Tipu eine erste Belagerung der Stadt durch die Engländer verhindern konnte.

Vom Hochland an die Malabar-Küste

Anschliessend Be­such von Seringapatnam, von Fort und Tempel, der von Tipu ge­gründeten Moschee,

Tempel in Seringapatam

der Grabstätte von Hider Ali und Tipu Sultan und des Garrison Cemetery und seiner Umgebung.

Gedenkstein am Ort, wo Tipu Sultan gefallen ist

Erkundung der Stadtbefestigungen zu Fuss. Erläuterungen im Gelände zur Belage­rung und Erstürmung im April 1799.

Siebter Reisetag

Besuch des Bird sanctuary Ranganathjittu.

Bird sanctuary Ranganathjittu

Besuch einer Seidenfabrik in Mysore. Ausflug auf den Chamundi Hill mit dem Nandi Bull.

Nandi Bull, Mysore

Abends: Beginn einer Safari im Bandipur Nationalpark.

Achter Reisetag

Bandipur Nationalpark

Morgens: Abschluss der Safari, anschliessend Fahrt nach Palakkad und Besuch Palakkad Fort.

Neunter Reisetag

Besuch Palakkad Fort und der Guruvayur Tempel Elephanten auf der Weiterfahrt nach Cochin. Fahrt über Thrissur, Chalakudy und Besuch des Kotta Parks. Hier befinden sich noch Überreste der Travencore Line, einer bedeuten­den Befestigungsanlage, die Tipu 1790 angriff, was zum dritten Anglo-Mysore Krieg führte. Einführung zur Geschichte von Cochin.

Zehnter Reisetag

Fort Cochin, Besuch der Synagoge, St. Francis Church (Grab von Vasco da Gama), Chinese Fishing nets, Lunch Brunton Boatyard.

Farewell Dinner im Hyatt.

Elfter Reisetag

Tag zur freien Verfügung.

Letzter Reisetag

Rückflug in die Schweiz am sehr frühen Morgen (LT), Ankunft in der Schweiz um die Mittagszeit (MEZ).

 


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Die Reisedokumentation ist erwerblich. Interessenten wenden sich zur

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Der Reisebericht des Reiseleiters

Warum Südindien? Und warum als GMS-Reise? Gibt es überhaupt etwas von militärhistorischem Interesse in dieser Weltgegend?

Die Reise versuchte eine Antwort auf diese kritischen Fragen zu stellen und lieferte mehr als nur befriedigende Antworten.

Die ersten drei Tage beschränkten sich auf den Besuch von Bangalore und Umgebung und auf Einführungsreferate. Besichtigt wurden in Bangalore der Botanische Garten Lal Bagh, der von Haider Ali und Tipu Sultan, den beiden Herrschern des Königreichs Mysore in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, errichtet worden ist und unter Britischer Herrschaft 1898 aufgefrischt worden ist. Aus dieser Zeit stammt der Jugendstil-Pavillon in der Mitte des Parks und vermutlich auch ein Teil, der außerordentlich hoch und breit gewachsenen Feigenbäume, die in einer Allee angeordnet sind.

Interessant ist die Tatsache, dass im Sitzungszimmer des Hotels ITC Gardenia, das wir für die Sundowner (Abendseminare) benutzten, die Porträts von Haider Ali, Tipu Sultan und Purnaiah (Chefminister von Tipu und des anschliessend von den Briten eingesetzten Königs aus der Woodeyar Dynastie) an der Wand hängen. Purnaiah‘s Porträt hängt sogar als Gemälde im Vorraum des Sitzungsbereichs. Offensichtlich ist die Geschichte des ausgehenden 18. Jahrhunderts und die Kämpfe gegen die Briten in Bangalore noch lebendig. Zwar werden Haider Ali und sein Sohn Tipu Sultan heute, da die an der Macht sitzenden Politiker den Hinduismus in den Vordergrund rücken und den Islam eher mit Argwohn betrachten, weniger als früher als „Freiheitshelden“ angesehen, die Indien vom Britischen Joch frei halten wollten; populär bleiben sie dennoch. Und Purnaiah, dessen Rolle im Untergang des Mysore-Reiches und unter der anschliessenden britischen Herrschaft nicht ganz unzweifelhaft ist, wird wohl im heutigen politischen Indien auch kaum als Held oder Vorbild dienen können; aber er war sowohl unter der Herrschaft Tipus als auch unter jener der Briten ein hervorragender Beamter und Offizier, der sich Respekt zu verschaffen wusste.

Einen Vorgeschmack, welche Pracht uns in Seringapatam erwarten würde, vermittelte uns der Besuch von Tipu Sultans Sommerpalast in Bangalore. Der Palast ist leer, wurde aber komplett aus Teak-Holz gefertigt und ist baulich vergleichbar mit demjenigen in Seringapattam.

Besichtigt wurde auch einer der riesengrossen aus einem Granitblock gehauenen Nandi-Bulls, der in einem Hindu-Tempel im Zentrum der Stadt steht. Nandi wird der Bull von Krishna genannt. Es gibt vier dieser aus einem einzigen Granitblock gehauenen Nandi Bulls in Südindien, wovon ein zweiter an den Hängen der Nandi Hills in Mysore steht. Er ist heute schwarz von den über Jahrhunderten auf ihm abgelegten Opfergaben und Salbungen.

Devanahalli liegt in der Nähe des Flughafens von Bangalore und ist eine kleine Stadt, deren Umfassungsmauer praktisch noch intakt ist und begangen werden kann. Hier hat sich Haider Ali bei der Belagerung des Städtchens 1749 als militärischer Reiterführer bewährt und den Grundstein für seine Karriere gelegt. Auch ist ausserhalb der Stadtmauern der Geburtsort seines Sohnes und Nachfolgers tipu Sultan zu besichtigen.

Die Festungsanlage ist beispielhaft für die zahlreichen Festungen und Befestigungen in ganz Indien und besteht aus einer mit Granitsteinen bewehrten dicken Erdmauer, die auf der Krone mit Ziegelsteinen ergänzt wird, eine Verstärkung, die vermutlich wie in Seringapatam und Palakkad, die auf der Reise besichtigt wurden, auf Tipu Sultan zurückgeht. In einer Ecke steht eine etwas erhöhte Bastion, die es in anderen Festungen auch gibt und in Seringapatam als Flagpost bezeichnet wird und wohl hier dieselbe Funktion erfüllte, nämlich als Ort, wo die Fahne des Königreichs wehte und von wo die gesamte Befestigungsanlage überblickt werden konnte. Die Mauern waren vermutlich nur für die Aufnahme einer beschränkten Anzahl Geschützen dimensioniert worden, die Verteidigung erfolgte von den Scharten und der Mauerkrone mit Gewehren (Vorderlader, Muskets) und möglicherweise mit Granaten, die durch Löcher in der Mauer vor dieselbe hinuntergelassen werden konnten (ähnlich wie die Handgranatenauswürfe in den Bunkern der neuesten Zeit). Entsprechend der wesentlich höheren Bedeutung der Festung von Seringapatam und von Palakkad, waren diese beiden Festungsanlagen bedeutend grösser und konnten mit einer grösseren Anzahl Geschützen bestückt werden.

Auffällig sind die zahlreichen Hindu Tempel im Städtchen Devanahalli, innerhalb und ausserhalb der Ringmauer. Offensichtlich hat Tipu dem Islam nicht kompromisslos zum Durchbruch verholfen, mag er ihn auch gefördert und Muslime bevorzugt haben. Zahlreiche seiner Minister und Offiziere waren ja auch Hindu, und die Muslime waren in der Bevölkerung klar in Minderheit.

Die vier Anglo-Mysore Kriege müssen in einem globalen Zusammenhang gesehen werden. Indien war seit Ende des 15. Jahrhunderts zuerst von den Portugiesen und danach von den Holländern, Franzosen und Engländern entdeckt worden, die sukzessive Handelsplätze (sog. Factories) errichteten. Diese expandierten sie teilweise in eigentlich Gebietskörperschaften, die sie mit angeworbenem Militär sicherten. Die Engländer waren darin besonders erfolgreich und ihre East India Company entwickelte sich zu einer eigentlich Macht.

Militärhistorische Höhepunkt der Reise war zweifellos der Besuch von Seringapatam, der Hauptstadt Mysores zu Zeiten Hyder Alis und Tipu Sultans. Und hier galt unser Augenmerk der sogenannten Bresche, welche die Briten in die westlichen Festungsmauern geschlagen haben sollen. Die Besichtigung des Geländes relativierte zumindest sehr stark die zeitgenössischen bildlichen Darstellungen, die zur Annahme verleiten, die Hauptmauer sei teilweise zum Einsturz gebracht worden und deshalb eingenommen worden. Die starke Hauptmauer weist nämlich keine Bresche auf und Hinweise, wonach sie später geflickt worden wäre, gibt es nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das gezielte Britische Bombardement die erste Mauer hinter dem Glacis auf einer Länge von 50m zum Einsturz gebracht hat und die Briten dann links und rechts ausschwärmten, um zuerst den Befestigungsring in ihre Gewalt zu bringen und danach in die Stadt (Zitadelle) einzubrechen. Der Schutt der zusammengeschossenen ersten Mauer nach dem Glacis, die etwa 2m hoch war, erleichterte den Angreifern die Erstürmung der wesentlich höheren Hauptmauer; letztere war eventuell auch beschädigt, was deren Erklimmen zusätzlich erleichterte. Die Briten trugen auch Leitern mit sich, um die Mauer zu bezwingen und diese wurde schlecht bis gar nicht verteidigt. Die zeitgenössischen Berichte scheinen dies zu bestätigen.

Gestützt wird diese Ansicht auch durch das Verhalten von Tipu Sultan, der als er vom Britischen Angriff vernahm mit dem Pferd zur westlichsten Stelle der Stadt ritt, wo die Briten angegriffen hatten, dann aber zu einem der gefährdeten Stadttore, dem Water Gate, zurückging, wo er kämpfend seine Soldaten befeuerte und dann tödlich getroffen fiel. Das Water Gate lag auch seinem Palast am nächsten. Zeitgenössische Ansichten zeigen auch, dass die Briten sicher nicht nur über die Mauern sondern durch die Stadttore in die Innenstadt gelangten.

Wir besichtigten nacheinander die Brennpunkte der Schlacht, den grossen tausendjährigen Hindutempel mit der seltenen liegenden Vishnu-Figur, die von Tipu Sultan gestiftete Moschee, deren Abbruch heute diskutiert wird, um Platz für einen Hindu-Tempel zu schaffen; offenbar hat Tipu Sultan seinerzeit Hindutempel abgebrochen, um Moscheen zu errichten, was jetzt rückgängig gemacht werden soll und von der gegenwärtigen Hinduregierung gefördert wird. Der Entscheid ist nicht gefallen, wäre völlig unverständlich angesichts der Schönheit des gegenwärtigen Gebäudes.

Die Türme der Moschee dienen übrigens als Taubenschlag, da Tipu Sultan auch Brieftauben benutzte. Zwei Taubenschläge schmücken zudem den Park seines Sommerpalastes in Seringapattam.

Der Sommerpalast ist vor allem wegen seines Wandgemäldes der Schlacht von POLLILUR vom 10. September 1780 berühmt, wo Tipu Sultan und sein Vater ein britisches Detachment unter dem Befehl von Oberst William Bailly zur Kapitulation zwangen. Bailly starb zwei Jahre später im Gefängnis in Seringapatam, was den Ruf von Tipu als ruchlosen Herrscher, der die Kriegsgefangenen brutal misshandelte, begründete. Tipu Sultan hat in diesem Krieg übrigens weitere Gefangene gemacht, die in der Gefangenschaft starben. Es ist allerdings festzuhalten, dass die Briten auch nicht gerade zimperlich mit ihren Gegnern umgegangen sind.

Wir besichtigten sodann den Garrison Cemetery, wo zahlreiche Offiziere und Verwandte des Regiments de Meuron ihre letzte Ruhe fanden. Das schweizerische Söldnerregiment de Meuron war bei der Einnahme von Seringapattam 1799 im Einsatz an vorderster Front und blieb noch einige Zeit in der Stadt in Garnison. Der Friedhof wurde kürzlich von einem Nachfahren, Jean-Léonard de Meuron, geschmackvoll restauriert und präsentiert sich in ausgezeichnetem Zustand.

Tipu Sultan war auf unserer Reis noch an zwei Brennpunkten Thema. Einerseits in Palakkad, wo wir die wunderschön unterhaltene Festung besichtigten, die einen klassischen im militärischen Jargon Passage Obligé genannten Geländeabschnitt in den westlichen Ghats beherrschte. Anderseits besuchten wir ein kleines Überbleibsel der sogenannten Travancore Lines, die Tipu 1789 angriff, womit er den dritten Anglo-Mysore Krieg auslöste. Es hat wohl noch kaum ein ausländischer Tourist diese Stelle besucht.

Neben militärhistorischen Sehenswürdigkeiten wurde auch die von Tipu Sultan geförderte immer noch bedeutende Seidenraupenzucht und Seidenverarbeitung studiert. Auch wurde eine Kaffeefabrik besucht, die den in Indien sehr verbreiteten Filterkaffee herstellt, besucht. Die Unternehmung ist eine Familienunternehmung. Interessant ist, dass dem Kaffee auch Zichorie als Geschmacksverstärker beigefügt wird.

Ausser einem Bird Sanctuary galt die Reise auch einem Besuch eines Safariparks in den Ghats. Auf der Safari begegneten wir Elefanten und zahlreichem Wild; Tiger zeigten sich aber nicht. Sie sind offenbar doch eher selten, auch wenn gemäss Zeitungsberichten einige Tage vor unserem Besuch eine Frau von einem Tiger angefallen worden sein soll.

Etwas deprimierend war der Besuch eines Elefantenparks, wo Elefanten, welche auf religiösen Prozessionen und Festen eingesetzt werden, gehalten werden. Die Gebäude und der Park schienen vernachlässigt zu sein, das Denkmal eines Bildhauers war entfernt worden und nur noch der beschädigte Sockel sichtbar. Wir sahen noch eine fast 100-jährigen Elefanten, der gemäss Zeitungsberichten Tage später gestorben sein soll.

Endpunkt der Reise war Cochin. Die Stadt wurde seinerzeit von den Portugiesen gegründet und auch von den Holländern beherrscht. Vasco da Gama fand dort seine erste Ruhestätte; die Kirche, wo er begraben lag, steht noch heute als eines der wenigen historischen Gebäude. Interessant war aber auch der Besuch einer Synagoge, die mehrere hundert Jahre alt ist. Der Besuch des Navy Museums war zwar interessant aber zeigte leider Spuren von Vernachlässigung, etwas das leider in Indien häufig anzutreffen ist. Überhaupt sind Denkmäler, Tempel, historische Gebäude häufig vernachlässigt und schlecht oder gar nicht beschrieben, was dazu beiträgt, dass die Kultur Indiens unterschätzt wird. Indien birgt jedoch ein grosses kulturelles und historisch wertvolles Potential, insbesondere in militärhistorischer Hinsicht.

Der Reisebericht von Roland Schmid

Nach neun intensiven Reisetagen, gespickt mit vielen interessanten und abwechslungsreichen Programmpunkten, kamen wir unversehrt und äusserst zufrieden im Hotel Taj Gateway in Kochi, der letzten Station unserer Reise, an.

Dank der hervorragenden Organisation vor Ort klappten sowohl das Zeitmanagement der verschiedenen Tagesprogramme wie auch die Logistik einwandfrei und trugen viel zum Gelingen der Reise bei. Zentrale Punkte für das Wohlergehen der Reisegruppe waren dabei die Sicherheit auf der ca. 1000 km langen Mehretappenfahrt und die Wahl der Verpflegungsorte.

Wir hatten das Glück, dass wir eine sehr erfahrene und zuverlässige Fahrercrew und genau das richtige Transportmittel für die Grösse unserer Gruppe hatten. Nicht zu klein, so dass wir alle genügend Platz hatten, aber auch nicht zu gross, damit der Fahrer immer die nötige „Beweglichkeit“ im Verkehr bewahren konnte.

Die täglichen Fahrten in unserem Kleinbus waren eine Erfahrung für sich. Sie führten uns durch die verstopften Straßen von Bangalore, wo millimetergenaues Passieren anderer Verkehrsteilnehmer das Vorankommen minim beschleunigte, über eigentlich recht grosszügig angelegte Strassen in ländlichen Gebieten, deren Verkehrsfluss leider zu oft von heftigen Bodenwellen oder künstlich gebauten „Speed-Breakern“ gehemmt wurde, und über zum Teil sehr steile und serpentinenartig angelegte Strassen, wo fahrerisches Können und das Einfühlungsvermögen des Fahrers für die Passagiere besonders geschätzt wurde.
Bemerkenswert und zum Teil auch gewöhnungsbedürftig waren zwei Eigenheiten des indischen Verkehrs.

Da waren einmal die sich frei bewegenden Kühe, von denen wir den Eindruck hatten, dass sie sich ganz besonders gerne auf Kreuzungen, entlang von stark befahrenen Strassen oder sogar auf den schmalen Mittelstreife zwischen den Fahrbahnen aufhielten. Sie schienen völlig unbeeindruckt von der Hektik des Verkehrs um sie herum und wirkten wie ein Symbol der Verbindung zwischen dem spirituellen und alltäglichen Leben in Indien.

Der andere Punkt war das allgemeine Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer, die alle am liebsten sofort und gleichzeitig die vor ihnen fahrenden Autos überholt hätten, unbesehen der entgegenkommenden Wand von Autos, die ja ihrerseits auf Teufel komm raus am Überholen waren. Irgendwie fanden sie alle gerade noch rechtzeitig zurück in die jeweilige Autokolonne. Das Ganze wurde begleitet von stetigem Hupen, das von den Einheimischen offenbar eher als rücksichtsvolles „Hallo ich komme auch noch“, den als aggressives Fahrverhalten wahrgenommen wurde. Unseren Fahrer schien das Ganze jedenfalls überhaupt nicht zu beunruhigen.

Die Reiseroute von Bangalore nach Kochi via Mysore/Seringapatam, Ooty und Palakkad. versprach interessante und abwechslungsreiche Landschaften in unterschiedlichen Klimazonen.

Auf dem knapp unter 1000m hohen Plateau zwischen Bangalore und Mysore herrscht ein subtropisches Savannenklima. Die Vegetation ist geprägt von weiten offenen Feldern, die von hohen Kokospalmen und Eukalyptusbäumen gesäumt sind.

Während unseres Aufenthaltes in Bangalore und Mysore war das Klima mild, oft leicht bewölkt und die Temperaturen lagen tagsüber meist zwischen 20-26 Grad, was ideal war für die vielen Begehungen und Besichtigungen.

Danach folgte das spürbar kühlere Klima von Nilgiris. Tiefgrüne Bergwälder, Wiesen und Teeplantagen prägen die gebirgige Landschaft. Diese Region wird oft auch als die ‚Schweiz Indiens‘ bezeichnet.

Wir übernachteten in der Stadt Ooty, die auf einer Höhe von über 2200 m ü.M. liegt. Die höchste Erhebung des Gebietes ist sogar 2650 m hoch.

Als wir nach Sonnenuntergang in Ooty ankamen, waren wir dann doch überrascht, dass die Temperaturen nur noch knapp über 10 Grad lagen. Bei unserer Weiterfahrt am nächsten Tag lag zuderm ein leichter Morgennebel über der Stadt.

Nach dieser erfrischenden Station in den Bergen setzten wir unsere Reise in Richtung Palakkad fort. Dabei gelangten wir in die tropische Zone der Tiefebene am Fusse der Western Ghats. Die Luft wurde spürbar feuchter und über 30 Grad warm, was typisch ist für die Küstenregion Südindiens in dieser Jahreszeit.

Palakkad liegt am Ufer des Flusses Bharathapuzha und gilt als das Tor zur schönen Malabarküste. Die Landschaft ist bekannt für ihre malerischen Reis-, oder wie man hier sagt, Paddy-Felder, die uns über weite Strecken begleiteten.

Schließlich erreichten wir Kochi, unsere letzte Station. Als wir uns der Stadt näherten, erkannten wir schon von weitem die unzähligen, malerisch chinesischen Fischernetze auf den Wasserstrassen und Kanälen in und um Kochi.

Ein wesentlicher Teil jeder Reise ist zweifellos das kulinarische Erlebnis. Das war auch bei unserer Entdeckungs- und Studienreise durch Südindien nicht anders.

Die indische Küche ist berühmt für ihre Vielfalt und den Einsatz von Gewürzen und zog uns sofort in ihren Bann.

Wir wussten rasch, dass nebst den Currys in allen Varianten auch Daals, Biryanis, Thalis und Dosas zu den Klassikern der südindischen Küche zu zählen sind. Wir hielten uns auch sehr gerne an diese Angebotspalette, wo immer wir einkehrten. Was die Essgewohnheiten betrifft, benahmen wir uns schon fast wie Einheimische. Mit dem Essen mit den Fingern konnten sich jedoch nur wenige anfreunden.

Spannend war auch immer, ob und was für ein Lokal für‘s Mittagessen reserviert war.
Die lokale Reiseleitung hatte auch hier einen super Job gemacht und immer passende, manchmal einfachere, manchmal etwas gehobenere Restaurants ausfindig gemacht und reservieren können.

Nur einmal, auf der Fahrt von von Mysore nach Ooty, mussten wir uns unterwegs im Bandipur Nationalpark mit einem Lunchpaket begnügen. Die vielen Affen auf dem für die Mittagspause vorgesehenen Rastplatz verunmöglichten ein Picknick draussen, so dass wir uns schlussendlich im Bus verpflegen mussten.

 

 

 

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