Von Napoleon bis Tito: Militärgeschichte Westsloweniens

Inhalt aktualisiert am 03.12.2023
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ZUM REISEBERICHT

Reiseleitung: Divisionär (a D) Dominique Juilland

Fünf Reisetage

Erstmalige GMS Reise


Thematische Umschreibung


Das Gebiet, das heute die italienische Provinz Friaul-Julisch Venetien, West-Slovenien und das südliche Kärnten umfasst, war über Jahrhunderte hindurch immer wieder Zankapfel zwischen den Grossmächten Venedig, Frankreich und dem Kaiserreich, später zwischen dem Königreich Italien und dem Kaiserreich Österreich und noch später zwischen NATO und WAPA. Die viertägige Reise gibt Gelegenheit, sich beim Besuch der Städte Trieste, Laibach und Klagenfurt in die Atmosphäre der K. u. k. Monarchie zu versetzen. Mit dem Besuch von militärischen Anlagen wie die erste befestigte Renaissancestadt Palmanova, der kaiserlichen Festung Kluze und der Sperre aus dem Kalten Krieg am Wurzenpass, sowie der Begehung der durch russische Gefangene gebaute Logistikstrasse ins Isonzotal verfolgen wir den Verlauf der vielen Kriege von Napoleon bis Tito, welche die Gegend geprägt haben. Neben dem militärischen Teil gibt die Reise auch Gelegenheit, die Wirkungstäten berühmter Künstler wie Rilke und Mahler zu besuchen und sich an herrlichen Meer- und Berglandschaften zu erfreuen.

Programm


Erster Reisetag

0745 Uhr: Abfahrt mit Car ab Sihl-Parkplatz. Fahrt nach Milano. Mittagessen im Grossraum Milano-Monza. Besuch des Museums “Gabriele d’Annunzio” und Studium der Geschichte der Republik Salò (1944). Anschliessend Weiterfahrt in den Raum Sirmione-Verona. Zimmerbezug (eine Nacht) mit anschliessendem Abendessen. Übernachtung.

Zweiter Reisetag

Morgenessen. Transfer im Car nach Palmanova. Besuch der Stadtbefestigung und des “Museo militare”. Mittagessen. Weiterfahrt nach Goriza und Besuch der dortigen Bourbonen-Gruft. Anschliessend Fahrt nach Miramare und Besichtigung des “Castello di Miramare” mit anschliessender Weiterfahrt nach Triest. Zimmerbezug (eine Nacht), Abendessen im Hotel. Übernachtung.

Dritter Reisetag

Morgenessen. Rundgang durch den historischen Teil von Triest inkl. einer Kaffeepause. Anschliessen Besichtigung des Luftschutzbunkers “Kleine Berlin”. Mittagessen in Poggioreale. Transfer nach Ljubliana mit anschliessendem Stadtrundgang. Zimmerbezug (eine Nacht), fakultatives Abendessen in der Stadt. Übernachtung.

Vierter Reisetag

Morgenessen. Fahrt nach Bled. Kurze Stadtbesichtigung mit Kaffeepause. Anschliessend Weiterfahrt nach Kranjska Gora. Mittagessen. Nachmittags: Fahrt via Bovic nach Kluze über den Vrsic-Pass. Besuch der dortigen Festung. Transfer auf den Passo di Predil mit Ausführungen zur Bedeutung dieses Übergangs aus militärischer Sicht. Anschliessen Weiterfahrt über Traviso nach Velden am Wörthersee. Zimmerbezug (eine Nacht) im Hotel mit anschliessendem Abendessen am See. Übernachtung.

Fünfter Reisetag

Morgenessen. Fahrt auf den Wurzenpass und geführter Besuch durch das dortige Bunkermuseum. Weiterfahrt nach Reifnitz. Besuch des “Komponierhäuschens” von Gustav Mahler. Mittagessen am Wörthersee.

Nach dem Mittagessen Fahrt zum nahegelegenen Klagenfurt und kurzer Stadtrundgang. Fahrt nach Graz – Flughafen und Rückflug nach Zürich (geplante Ankunft um 2100).

Reisedokumentation


Die umfassende Reisedokumentation ist erwerblich. Interessenten wenden sich zur

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Der Reisebericht von Andreas von Waldkirch


Erster Reisetag

Von Zürich gehts ohne Stau durch den Gotthard in die Sonnenstube des Tessins. Unser Reiseleiter Div Dominique Juilland erläuterte ab Airolo die Objekte der nun stillgelegten schweizerischen Verteidigung bis nach Bellinzona: Artilleriewerk Sasso mit 15 cm Kanonen, die bis über Faido wirken konnten, Militärflugplatz Ambri-Piotta, die Lona-Sperre in der Riviera und weitere Werke. Halt in Bellinzona. Hier sperrten die drei mittelalterlichen Burgen der Mailänder das Tal gegen die anstürmenden Eidgenossen, die diese nie einnehmen, aber kaufen konnten. Nach Chiasso wird es flach und der Verkehr auf der Autobahn um Mailand herum nimmt massiv zu. Unendliche Lastwagenkolonnen aller europäischen Länder wälzen sich hier von West nach Ost und umgekehrt. Das ist die südeuropäische Transversale durch die Poebene von Frankreich nach Südosteuropa bis in den Balkan, die umgekehrt auch für die Staaten des Warschauer Pakts im Kalten Krieg ein wichtiger Durchstossraum nach Westen gewesen wäre.

Mit gemischten Gefühlen nehmen wir das Mittagessen auf einer hohen Restaurantterrasse in Bergamo ein. Schöner Blick auf die Burg. Strikte Covid-Kontrolle, dies in allen Restaurants und Museen auf unserer Reise. Man erinnert sich an die Bilder der Lastwagenkonvois der italienischen Armee, die letztes Jahr die vielen Covid-Toten nächtlicherweise abtransportierten. Weiter geht’s an den sehr touristischen Gardasee.

In Salò wird kurz die Repubblica di Salò erwähnt: nach der Befreiung von Mussolini auf dem Gran Sasso durch die Deutschen entsteht im September 1943 unter dem Schutz der Nazis die faschistische Marionettenregierung für das noch nicht von den Alliierten besetzte Restitalien. Dann besuchen wir ein Kuriosum: die zum Museum gewordene Villa von Gabriele D’Annunzio (1863-1938). Dieser war Dichter, Sammler, italienischer Nationalheld, «Spinner» und mehr. Man wird durch düstere Zimmer geschleust, die mit Ramsch vollgestopft sind. Die Führung erfolgt auf gutem Deutsch aus dem Tonband, das sich der Führer umgehängt hat. Dazu noch italienische Erläuterungen live. Das einzig Sehenswerte ist der prächtige Blick von der Villa auf den Gardasee. Ein saftiges Gewitter treibt uns in das nahe gelegene Restaurant. Der Gardasee ist die nördlichste Region, wo noch Oliven gedeihen.

Eindrücke des zweiten Reisetages

Am 2. Tag geht es weiter nach Osten. Vorbei am Denkmalturm der üblen Schlacht von San Martino/Solferino 1859. Schade, dass dieser nicht besucht wurde! In längeren Exposés während der Fahrt durch die Poebene erläutert unser Reiseleiter Dominique Juilland die geostrategische Situation während des Kalten Krieges, speziell in Südeuropa. Vorbei an Venedig kommen wir nach Palmanova in der friulischen Ebene. Diese Stadt besitzt noch vollständig ihre sternförmige Schanzenbefestigung, gebaut vor Vauban um 1600, dann ausgebaut durch Napoleon. Die Strassen kommen von den neun Toren auf den grossen Exerzierplatz im Zentrum. Kleines Militärmuseum in einem der Stadttore. Solch vollständig erhaltene Sternbefestigungen gibt es in Europa nur noch wenige: Neuf-Brisach im Elsass, Naarden in Holland und Lucca bei Florenz.

Fahrt von Palmanova nach Gorizia (italienisch), das mit dem slowenischen Nova Gorica zusammengebaut ist. Die Österreicher nannten die Stadt Görz. Hier kleine Irrfahrt mit dem Bus, bis das Franziskanerkloster geortet werden konnte. Zu Fuss hinauf, der Bus hinterher. Führung in italienischer Sprache durch die Kirche und insbesondere das Grab der französischen Bourbonen-Könige, die nach dem Fall von Napoleon in Paris wieder eingesetzt worden waren. Normalerweise sind die französischen Könige in St. Denis bei Paris beigesetzt. Die hier begrabenen Bourbonen (Charles X.) mussten nach der Julirevolution 1830 abdanken. Sie fanden hier im damals österreichischen Görz ihre letzte Ruhe. Im Tunnel unter der Kirche liegen die Marmorsärge dicht nebeneinander. Diese Grabstätte wird daher auch Klein St. Denis genannt. Die Revolution von 1830 in Paris hatte auch in der Schweiz Auswirkungen: die Patrizier, die nach 1815 das Rad der Geschichte in der sogenannten Restauration wieder zurückdrehen wollten, wurden abgesetzt. Es entstanden die ersten kantonalen demokratischen Verfassungen.

Wir fahren in Redipuglia am riesigen Treppendenkmal der zwölf Isonzoschlachten des Ersten Weltkriegs vorbei. Dort liegen 100’000 Gefallene. Dann sind wir an der Adria und besuchen das Schloss Miramare, das Erzherzog Maximilian von Österreich, der Bruder von Kaiser Franz Josef, 1855 als Liebesnest für seine belgische Frau Charlotte erbauen liess. Maximilian war Oberkommandierender der österreichischen Flotte. Mit 35 Jahren wird er als unerwünschter Kaiser von Mexico erschossen. Die Kriegsschiffe wurden in Triest gebaut. Der Kriegshafen war aber Pula an der Südspitze von Istrien. Bis 1914 besass Österreich die sechstgrösste Kriegsmarine der Welt.

In Triest beziehen wir das Hotel in einem feudalen Palazzo, der zur österreichischen Zeit von der österreichischen Versicherungsgesellschaft Ras gebaut worden war.

Der dritte Reisetag

Stadtbummel durch Triest. Von 1382 bis 1918 österreichisch. Das sind über 500 Jahre, länger als der Aargau bernisch war! Triest begab sich unter den Schutz von Österreich und konnte so neben der benachbarten Seemacht Venedig bestehen. Und Österreich erhielt damit einen Zugang zum Meer, eine win-win Situation. Triest wurde zum grossen Handelshafen der K&K Monarchie.

Man sieht das der Stadt auch an: grosse Paläste, reich gestaltete Fassaden und ausgedehnte Plätze. Besuch der ausgedehnten Luftschutztunnels in den Felsen der Stadt, die die Deutschen und Italiener im Zweiten Weltkrieg zum Schutz der Zivilbevölkerung von Triest gegen alliierte Bombardierungen gegraben hatten.

Dann rauf nach Opicina oberhalb der Stadt mit Weitblick auf Triest und seine Meeresbucht. Kartoffel-Krauti-Suppe daselbst, mässig.

Jetzt nach Slowenien, dem kleinen EU-Land mit nur zwei Millionen Einwohnern. Die Grenze mit Italien ist kaum feststellbar, man fährt einfach durch. Slowenien stellt momentan gerade die EU-Rats-Präsidentschaft. In Ljubliana längerer Stadtbummel. Schöne Altstadt längs des Flusses Ljublianica, auf beiden Ufern gespickt mit voll besetzten Restaurants. Der Rundgang endet auf dem Schloss über der Stadt. Gegenüber unserem Hotel eine wunderschöne Jugendstilfassade.

Abendteuerlich: der vierte Reisetag

Fahrt durch das Savatal nach Bled am Rand des Triglav-Nationalparks mit dem höchsten Berg Sloweniens, dem Triglav mit 2864 m (Julische Alpen). Die Sava mündet nach 940 km bei Belgrad in die Donau. Ausgedehnte Wälder beherrschen die Landschaft, wo ebenfalls Bären hausen. Dazwischen auf Hügeln Kirchen und Burgen. Kurzer Spaziergang am romantischen See von Bled. Dann Weiterfahrt nach Kranjska Gora, dem international bekannten Skisportort. Jetzt wird es wieder etwas militärisch: wir wechseln auf einen etwas kleineren Bus, um den Vršić-Pass (1611 m) mit seinen 50 Spitzkehren zu überqueren. Diese 43 km lange Passstrasse wurde während des Ersten Weltkrieges durch russische Kriegsgefangene gebaut, durch österreichische Genieoffiziere gut geplant. Sie diente dem Nachschub für die Truppen der Mittelmächte am Isonzo, slowenisch Soča. Im Aufstieg kurzer Halt bei der russischen Holzkapelle, die an den Bau erinnert. Die Abfahrt auf der Isonzoseite war ein Höllenritt, inszeniert durch den slowenischen Buschauffeur. Alle waren froh, als wir bei der österreichischen Festung Kluse dem Bus entsteigen konnten.

Besuch der Festung mit seinem Museum. Alter Festungsort an idealer enger Sperrstelle. Von Napoleon geknackt. Neubau 1882. 1906 kam oberhalb der Flitscher Klause das Fort Hermann dazu. Im Ersten Weltkrieg wurde dieses schwer beschädigt.

Dann weiter, wieder mit unserem Schweizerbus, auf den Predilpass (1156 m) auf der Grenze Slowenien-Italien. Auch dort sind kleinere österreichische Festungen vorhanden und das Denkmal des österreichischen Genie-Hauptmanns Johann Hermann von Hermannsdorf, der dort in den napoleonischen Kriegen 1809 gefallen ist. Gestiftet wurde das Denkmal von Kaiser Ferdinand I. von Österreich. Über Tarvisio (Italien) durch die Karawanken nach Kärnten (Österreich). Unser Hotel liegt in Velden am Wörthersee, war aber schwer zu finden. Erst der dritte Versuch auf einem schmalen Zufahrtssträsschen führte zum Erfolg. Ein Bravo unserem Chauffeur Martin Budinsky, der gekonnt im Rückwärtsgang wieder herausfand, nachdem wir wieder in einer Sackgasse gelandet waren. Zum Überfluss wurden wir im Hotel höchst unfreundlich empfangen.

Fünfter Reisetag

Zuerst auf 18 % steiler Strasse auf den Wurzenpass (1073 m) an der österreichisch-slowenischen Grenze auf den Karawanken. 1991 beginnt Jugoslawien auseinanderzufallen. In einer Volksabstimmung erklärt sich Slowenien unabhängig, was aber die Zentrale in Belgrad nicht zulassen will. Die jugoslawische Volksarmee marschiert in Slowenien ein. Die slowenische Territorialverteidigung baut Strassensperren und wehrt sich gegen den Eindringling. Nach zehn Tagen ist der Krieg vorbei, und Serbien zieht sich zurück. Das österreichische Bundesheer besetzt die Grenze zu Slowenien, darunter auch den Wurzenpass, wo bescheidene Bunker mit Artillerie vorhanden sind (Bau 1963-1995, in Betrieb bis 2002). Der dortige letzte Kommandant der Sperrkompanie Wurzen, Oberst Andreas Scherer, kauft das Areal und macht daraus das Bunkermuseum Wurzenpass. Er erklärt uns im Detail sein Lebenswerk. Zu sehen sind Kanonen, Panzer, Laufgänge, Bunker. Man kann sich auch in einem Schützenpanzer herumfahren lassen.

Zurück an den Wörthersee, wo nach einem steilen Waldaufstieg das Komponier-Häuschen von Gustav Mahler (1860-1911) besichtigt wird. Prächtiger Blick auf den Wörthersee. Dann Fischessen direkt am See. In Klagenfurth Besuch des grossen Wappensaales im Landhaus. Damit gehen die Besichtigungen zu Ende. Fahrt zum Flughafen ins 120 km entfernte Graz. Ein Teil der Gruppe fliegt heim nach Zürich, der andere Teil fährt mit dem Bus zurück in die Schweiz, mit einer zusätzlichen Übernachtung in Windischgarsten in Österreich.

Es bleibt der wohlverdiente Dank an unsern Reiseleiter Div Dominique Juilland für die umsichtige Reiseleitung und an Martin Budinsky für das sichere und angenehme Fahren im Bus.

Bilderauswahl von Andreas von Waldkirch