Mythen und deren Wirkungsgeschichte im Herzen der Schweiz

Inhalt aktualisiert am 20.09.2023
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ZUM REISEBERICHT


Reiseleitung: Daniel Lätsch

Ein Exkursionstag

Erstmalige Reise einer neuen GMS-Exkursionsreihe


Thematische Umschreibung


„Wir halten fest mit hartem Grind, auch dann, wenn wir umzingelt sind…“

Die Schweiz blieb im Zweiten Weltkrieg verschont. Die Wehrmacht eroberte und besetzte fast ganz Europa. Mitten im kriegsversehrten Europa blieb aber die Schweiz eine Friedensinsel. Während unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg die Überzeugung vorherrschte, dass der schweizerische Widerstandswille und eine starke Armee eine Invasion der Achsenmächte verhindert hätten, vertreten insbesondere seit der 68er Revolution linke Historiker die Auffassung, die Schweiz sei dank einem „frömmlerischen Kapitulantenkurs“ der führenden Regierungsmitglieder, wirtschaftlicher Kooperation und einer restriktiven Flüchtlingspolitik von einer Invasion verschont geblieben.

Ende 1996 setzte die schweizerische Bundesversammlung unter dem massiven Druck des World Jewish Congress und des US-Aussenministeriums die so genannte Unabhängige Expertenkommission (UEK) ein. Diese hatte den Auftrag, die Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik der Schweiz sowie das Verhalten der Schweizer Industrie-Unternehmen und Banken vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg genauer zu untersuchen (Bergier-Bericht). Damit klammerte sie aber alle Aspekte der geistigen Landesverteidigung und der Verteidigungsanstrengungen aus.

Die mit dem Schlussbericht der UEK dargestellte Sichtweise fand bei der Mehrzahl der Historiker und in weiten Kreisen der Öffentlichkeit wohlwollende Aufnahme – oder stiess auf Desinteresse. Problematische Bereiche des Verhaltens der Schweiz im Zweiten Weltkrieg wurden akzeptiert.

Die Weltkriegsgeneration war dagegen schwer enttäuscht. Sie hatte die Wehrmacht als reale Gefahr erlebt und mehrere Jahre der Entbehrung überstanden. In der Truppe hatte eine verzweifelte Entschlossenheit geherrscht, einem Angriff der Achsenmächte bis zur letzten Patrone und bis zum letzten Atemzug zu widerstehen.

Mit der Exkursion zum Thema ‚Geistige Landesverteidigung im Zweiten Weltkrieg‘ sollen nicht unzweifelhaft heiklen Punkte ausgeblendet werden. Vielmehr sollen die enormen geistigen und materiellen Wehranstrengungen als wesentlicher Teil der Schweizergeschichte beleuchtet und ein Versuch zu einer integralen Betrachtung gemacht werden. Nicht zuletzt soll auch der Frage nachgegangen werden, unter welchen Sachzwängen die damalige Generation handelte und ob andere Handlungsoptionen zur Verfügung gestanden wären.

Reiseprogramm


0815 Uhr Abfahrt mit Car ab Zürich, Carparkplatz Sihlquai nach Morgarten. Ausführungen zur Entstehung der Geistigen Landesverteidigung und zur Armeestellung. Kaffeepause. Anschliessend Besuch des Morgartens und Ausführungen zum Reduit und zur Bezugnahme auf spätmittelalterliche Schlachten in der Geistigen Landesverteidigung. Mittagessen in Schwyz. Besuch des Schweizerischen Bundesbriefmuseums. Fahrt zum Rütli: General Guisan, der Rütlirapport und das Reduit. Rückfahrt nach Zürich. Geplante Ankunft frühabends.

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Die Reisedokumentation ist erwerblich. Interessenten wenden sich zur

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Der Reisebericht von Rick Baur


Nach der Abfahrt am Shilquai ging es dem linken Limmatufer entlang, wo immer noch einige Zeugen der Limmatstellung von 1939 zu sehen sind. Der erste Halt galt der Landiwiese, bei der Säule mit der Hallerischen Skulptur; Mädchen mit erhobenen Armen erführen wir viel über die Landesausstellung von 1939. Unter anderem, dass hier die damals 19-jährige Trudi Gerster ihren ersten grossen Erfolg feierte. Auch Globi leistete seinen Beitrag zur geistigen Landesverteidigung und so wurde unsere Weiterfahrt mit einer etwas ungewöhnlichen Lektüre in Reimform bereichert.

Weiter gings über den Albis in Richtung Ägerisee zur zurückgenommenen Stellung, nach dem Debakel von Frankreich 1940. KKdt Herbert Constam, das strategische Hirn von General Guisan, organisierte und kommandierte diesen Abschnitt. Panzergräben, Bunker und Unterstände sind teilweise noch vorhanden.

Nächster Halt war Morgarten, auch dieser Ort wurde in die geistige Landesverteidigung eingespannt.

Daniel Lätsch weiss immer, wo es langgeht, mit Sicherheit!
Daniel Lätsch weiss immer, wo es langgeht, mit Sicherheit!

Die Anlage mit Museum ist erneuert worden und kann als gelungen betrachtet werden. «Ohne Mampf, kein Kampf», so gings weiter nach Schwyz ins Restaurant «Schwyzerstübli». Bei schönstem Wetter in der Gartenwirtschaft zu tafeln hat uns allen sehr gefallen. Gestärkt von der Speise und beschwingt vom Wein gings zu Fuss zum Bundesbriefmuseum. Hier leistet Annina Michel ihren Dienst – und wie! Sehr kompetent und informativ erklärte sie die Fakten und Mythen unserer Gründungsgeschichte.

Annina Michel, die Leiterin des Bundesbriefmuseums kennt Fakten, Mythen und Wirkungsgeschichte. Besuche mit ihr in "ihrem" Museum muss man mindestens einmal erlebt haben.
Annina Michel, die Leiterin des Bundesbriefmuseums kennt Fakten, Mythen und Wirkungsgeschichte. Besuche mit ihr in „ihrem“ Museum muss man mindestens einmal erlebt haben.

Danach nahm Daniel Lätsch das Zepter wieder in die Hand und ab gings nach Brunnen zur Überfahrt mit dem Schiff aufs Rütli. Auf der Wiese angekommen erklärte uns der Reiseleiter, was dieser Rapport im Jahre 1940 für eine wichtige psychologische Wirkung auf Volk und Armee hatte. Nach dem Zusammenbruch Frankreichs und dem Einschliessen durch die Achsenmächte hatte General H. Guisan genau am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, das richtige gesagt! Was er zwar genau gesagt hat, ist allerdings nirgends aufgeschrieben und an sein Skript hat er sich auch nicht gehalten, aber die Wirkung und das Resultat war absolut fantastisch.

Ein Muss zum Thema und zur Berichterstattung: das GMS-Gruppenbild auf dem Rütli.

Allmählich wurde es wieder Zeit für die Rückfahrt via Brunnen nach Zürich. Es war eine vergnügliche Reise bei schönstem Wetter und toller Kameradschaft – was will man mehr! Ein grosser Dank gilt dem Reiseleiter Daniel Lätsch. Er hat sehr viel Dichte und Hintergrundwissen in sein Vortragen hineingepackt und es machte Freude, ihm zuzuhören.

Was haben wir gelernt:

Es gibt Mythen, es gibt Fakten und es gibt eine Wirkungsgeschichte, die für eine Gemeinschaft und seine Nachbarn oft wichtiger sind als die reine Wahrheit.

Danke an alle.

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