Auf den Spuren der Kriege ohne Grenzen, ohne Fronten, ohne Gnade

Inhalt aktualisiert am 25.07.2023
Print Friendly, PDF & Email

Reiseleitung: Oberst (a D) Rudolf Brühwiler

ZUM REISEBERICHT VON WALTER WILD


Thematische Umschreibung


Wie gelingt es einem kleinen Volk, sich gegen die Grossmächte Frankreich und USA zu wehren und nach 30 Jahren erbitterten Kampfes die Unabhängigkeit zu erlangen? Unsere Reise führt uns an die Brennpunkte des Indochina und Vietnamkriegs (1946-1975). Wir beleuchten das Geschehen und die Aussagen der politischen und militärischen Führer, die Sicht der Soldaten und das Leben der betroffenen Zivilbevölkerung. Um die Ereignisse jener Zeit verstehen zu können, bedarf es zudem vertiefter Kenntnisse von Land, Kultur und Leute, von der Leidensfähigkeit eines einfachen Volkes und vom unerschütterlichen Willen und dem Charisma ihres Führers Ho Chi Minh. Die Reise beginnt mit dem Hinflug nach Hanoi im Norden und endet mit dem Rückflug von Saigon (Ho Chi MinhCity) im Süden. Wir besuchen Hanoi (Geschichte, Kultur, Ho Chi Minh), Dien Bien Phu, das Stalingrad der Franzosen im Indochinakrieg und sehen dort auch das einfache Leben von Thai-Minderheiten. Wir übernachten auf einer Dschunke in der Halong Bucht (UNESCO Kulturerbe). Wir fliegen zur Königsstadt Hué, besuchen die Khe Sanh Combat Base an der Grenze zu Laos, die Demilitarisierte Zone (DMZ) am 17. Breitengrad sowie die Vin Moc Tunnels am Umschlagplatz zum Ho Chi Minh Pfad. Wir fahren über den Wolkenpass nach Danang (Landung der 1. US Truppen 1965) und Hoi An, einem Marktflecken, in dem die Zeit beinahe stehen geblieben ist. Mit dem Flug nach Saigon beginnt der letzte Teil unserer Reise, bei dem wir mit einem zweitägigen Ausflug ins Mekong-Delta (BenTre/MyTho) Zeit und Ruhe finden, um über das Erlebte nachzudenken. Am letzten Tag besichtigen wir Saigon (u.a. den Wiedervereinigungspalast, das weltberühmte Kriegsopfermuseums) und beenden unsere Reise mit der abendlichen Fahrt auf dem Saigon Fluss.

Programm


Sonntag

Um die Mittagszeit Abflug ab Zürich mit Thai Airways nach Bangkok (11 Std.) und Weiterflug nach Hanoi (2 Std.).

Montag

Am frühen Morgen Landung in Hanoi. Begrüssung durch den lokalen Reiseleiter, Transfer in die Stadt und Zimmerbezug mit der Möglichkeit, sich zu erfrischen. Mittagessen individuell in den Hotelrestaurants. Am Nachmittag Stadtbesichtigung in Hanoi mit Hoan Kiem See und Ngoc Son Tempel, Besuch des Wasserpuppentheaters. Abendessen und Übernachtung***** in Hanoi.

Dienstag

Fortsetzung Stadtbesichtigung in Hanoi: Besuch des Militärmuseums mit Einführung in den Indochina und Vietnamkrieg. Besichtigung des Ho Chi Minh Mausoleums und der bescheidenen Residen Ho Chi Minhs im Gartenhaus neben dem Präsidentenpalast.
Mittagessen in der Stadt. Besichtigung des Literaturtempels, einst als Konfuzius Tempel errichtet und in den 1070er Jahren die erste Universität beheimatete. Cyclotour in der Altstadt. Abendessen am Hoan Kiem See. Übernachtung***** in Hanoi.

Mittwoch

Morgens Einführung durch die Reiseleitung in die Kolonialgeschichte der Franzosen zur Zeit der Schlacht bei Dien Bien Phu. Transfer zum Flughafen und Flug von Hanoi nach Dien Bien Phu. Lunch am Flughafen. Einführung in die Entscheidungsschlacht 1954, dem «Stalingrad der Franzosen» im Militärmuseum von Dien Bien Phu. Einblick ins Schlachtfeld auf dem Hügel mit dem Siegesdenkmal. Gemeinsames Abendessen und
Übernachtung**** in Dien Bien Phu.

Donnerstag

Fahrt nach Muong Phang und Fussmarsch (20‘) zum HQ General Giap. Orientierung über den Angriff auf DBP aus der Sicht der Viet Minh. Anschliessend Rückfahrt zum Hotel und Mittagessen. Am Nachmittag Besuch des lokalen Marktes in Dien Bien Phu. Besuch eines Thai Dorfes und Abendessen mit Einheimischen, begleitet von traditionellen Darbietungen. Rückfahrt nach Dien Bien Phu und Übernachtung****.

Freitag

Morgens Besichtigung Schlachtfeld und Erläuterung des
Kampfes um die Stützpunkte BEATRICE (Him Lam), GABRIELLE, Hügel A1, Bunker General de Castries und Besuch des neuen Friedhofes von Dien Bien Phu. Am Nachmittag Rückflug von Dien Bien Phu nach Hanoi. Abendessen im berühmten Presseclub. Übernachtung***** (eine Nacht) im selben Hotel wie in den ersten Nächten.

Samstag

Fahrt mit Bus von Hanoi zur Halong Bucht. Boarding und Fahrt auf der Dschunke «Indochina Sails» in der Halong Bucht im smaragdgrünen Meer mit 3’000 Inseln (Weltkulturerbe). Mittag-, Abendessen und Übernachtung an Bord der «Indochina Sails». Sonnenuntergang und –Aufgang hinterlassen in der Inselwelt einen bleibenden Eindruck.

Sonntag

Fortsetzung der Schifffahrt und Besichtigung von
Höhlen und eines Fischerdorfes. Rückfahrt mit dem Bus zum Flughafen Hanoi. Unterwegs Besichtigung der Handwerkerstätte Bac Ninh bei Que Vo. Mittagessen in einem lokalen Restaurant. Anschliessend Flug nach Hué. Begrüssung durch den lokalen Guide im Abschnitt Mittelvietnam. Abendessen im Hotel, Übernachtung***** (zwei Nächte) in Hué.

Montag

Tagesausflug nach Khe Sanh -Vin Moc Tunnel-Demilitarisierte Zone. Fahrt auf der «Strasse ohne Freude» von Hué nach Quang Tri und weiter zum legendären Kriegsschauplatz Khe Sanh. Einführung in den Vietnamkrieg 1965 – 1968 und in die Tetoffensive der Nordvietnamesen 1968 im Militärmuseum. Mittagessen unterwegs. Besuch des Nationalfriedhofs Truong Son sowie der Vinh Moc Tunnels (ein Fischerdorf im Untergrund am Umschlagplatz zum Ho Chi Minh-Pfad). Halt bei der Hien- Luong-Brücke (Grenze Nord-Südvietnam in der DMZ entlang des 17. Breitengrades). Stop beim US Stützpunkt Quang Tri. Rückfahrt nach Hué. Abendessen im Hotel, Übernachtung***** in Hué.

Dienstag

Königsstadt Hué und über Wolkenpass (Hai Van) nach Hoi An: Besuch der Zitadelle Hué, der Königstadt aus dem 19. Jahrhundert mit Thai-Hoa-Palast, die Hallen der Mandarine, die neun dynastischen Urnen und der Verbotenen Stadt. Weiter entlang des Parfümflusses zur Thien-Mu-Pagode und zum Grab des Kaisers Tu Duc. Fahrt mit Bus über den spektakulären Wolkenpass mit Aussicht auf Küstenlinie und Berglandschaft. Mittagessen in lokalem Restaurant. Foto-Stopp beim Red Beach Danang (Landeplatz der 1. US Truppen 1965). Weiterfahrt zum malerischen Marktflecken Hoi An. Abendessen im Hotel, Übernachtung***** in Hoi An.

Mittwoch

Besuch des malerischen Marktfleckens, in dem die Zeit stehen geblieben scheint. Besichtigung des lokalen Marktes, der Chua Ong Pagode, der Phuc Kien Versammlungshalle und der über 400 Jahre alten japanischen Brücke. Bootsfahrt auf dem Thu Bon Fluss. Mittagessen. Fahrt nach Danang und Flug nach Saigon. Begrüssung durch den lokalen Guide für den Abschnitt Südvietnam. Transfer ins Hotel und Start zur spektakulären 4-stündigen Vespa-Abendtour im lebhaften Strassenverkehr von Saigon. Mehrere Stopps zwischendurch, um vietnamesischen Streetfood zu kosten oder um Livemusik zu hören. Essen und Trinken während den verschiedenen Stopps. Übernachtung***** in Saigon.

Donnerstag

Saigon – Zweitagesauflug ins Mekong Delta – Saigon Fahrt mit Bus und Boot nach Ben Tre durch faszinierende Landschaften, kleine Fischerhäfen und Stelzenhäuser. Besichtigung von kleinen Handwerkerbetrieben und Geniessen von Obst, Kokosnuss und Tee. Mittagessen im Mekongdelta. Weiterfahrt nach Can Tho, wiederum am Wasser an einem der vielen Mekongarme (ca. 3 Stunden) Abendessen im Hotel, Übernachtung***** auf einer privaten Insel.

Freitag

Mekongdelta und Rückfahrt nach Saigon: Bootsfahrt zum Schwimmenden Markt in Cai Rang mit dem emsigen Treiben auf dem Wasser. Besuch der Obstgärten vor der Rückfahrt mit dem Bus nach Saigon (4 Stunden). Mittagessen unterwegs. Fahrt zum Hotel. Abends: Fahrt mit Schiff der Bonsai Cruise auf dem Saigon River durch die beleuchtete Stadt. Abendessen auf dem Schiff (Buffet/Musik). Übernachtung***** in Saigon.

Samstag

Vormittags Besuch des französischen Bezirks mit dem alten Postamt, dem Wiedervereinigungspalast, bei dem die anrollenden Panzer Nordvietnams das Ende des Vietnamkrieges besiegelten sowie dem Kriegsopfermuseum (War Remnant Museum), dem wohl berühmtesten Museums Vietnams, in dem Pressefotografen aus aller Welt den Vietnamkrieg in Bildern festgehalten haben – eine Erinnerungsstätte, die den Schrecken des Krieges eindrücklich zusammenfasst. Mittagessen im Zentrum. Abschluss des militärhistorischen Programms. Nachmittag: Spaziergang durch den quirligen Markt «Cho Lon sight sounds senses» oder Zeit zur freien Verfügung. Am späteren Nachmittag Transfer zum Flughafen beziehungsweise individuelle Verlängerungsprogramme. Abends Abflug ab Ho Chi Minh CityInternational Airport nach Bangkok.

Sonntag

Kurz nach Mitternacht Abflug in Bangkok nach Zürich (12 Std. 20‘) frühmorgens erwartete Ankunft in Zürich

Ausrüstung


Details folgen nach Eingang der Anmeldung durch das Reisebüro.

Bestellung Reisedokumentation


Die Reisedokumentation ist erwerblich. Interessenten wenden sich zur

BESTELLUNG AN UNSEREN BÜCHERDIENST


 

Der Reisebericht von Walter Wild


Der Vietnamkrieg war die längste militärische Auseinandersetzung des 20. Jahrhunderts. Er begann als Konflikt zwischen der Kolonialmacht Frankreich und der nationalistisch-kommunistischen Bewegung der Vietminh während des Zweiten Weltkrieges. Erst 20 Jahre später endete er mit dem Rückzug der USA aus Vietnam, dem Fall Saigons und der Vereinigung des Landes.

Der GMS-Reise 26-2022 lag die folgende Fragestellung zugrunde:

Wie gelingt es einem kleinen Volk, sich gegen die Grossmächte Frankreich und USA zu wehren und sie nach 30 Jahren Krieg des Landes zu verweisen?

Die Reise führte daher zu den Brennpunkten des militärischen Geschehens des Indochina- und des Vietnamkrieges. Um die militärischen Ereignisse verstehen zu können bedarf es einerseits neben der Kenntnisse über Land und Leute insbesondere auch eines Verständnisses nicht nur bezüglich der enormen Aufopferungsbereitschaft sowie Leidensfähigkeit des vietnamesischen Volkes, sondern auch bezüglich des Glaubens an den noch heute hoch verehrten und allgegenwärtigen Führer, Ho Chi Minh, und dessen unerschütterlichen Willen, das Land in die Unabhängigkeit zu führen.

Im Rahmen dieser Reise wurden Hanoi, Dien Bien Phu, die Halong Bucht, die Königsstadt Hué, die Städte Da Nang und Hoi An, die Khe Sanh Combat Base im Grenzgebiet zu Laos, die Vinh Moc Tunnels am Umschlagplatz zum Ho-Chi-Minh-Pfad, die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südvietnam und schliesslich Saigon und das Mekongdelta besucht.


Hanoi

Bevor wir uns vertieft dem militärischen Teil dieser Reise widmeten gab es für uns eine sehr wichtige Lektion zum Thema «wie überquere ich/wir sicher eine Strasse in Vietnam». Diese Lektion sollte sich für die bevorstehende Reise als sehr nützlich erwiesen.

Die Einführung in das Geschehen rund um die beiden Kriege erhielten wir von unserem Reiseleiter, Rudolf Brühwiler, zu Beginn der Besichtigung des Militärmuseums. Dieser Museumsbesuch ermöglichte uns einen guten Überblick über die Ereignisse nach dem 2. Weltkrieg. Sehr beeindruckend war die Besichtigung des bescheidenen Regierungssitzes von Ho Chi Minh, der den Mut hatte, am 2.9.1945 in Hanoi die Unabhängigkeit Vietnams zu verkünden und sich dabei auf die Unabhängigkeitserklärung der USA und die Grundrechte der französischen Revolution berief.

Regierungssitz von Ho Chi Minh

«Onkel Ho», der auch heute noch als Landesvater hoch verehrt wird, liegt im Mausoleum aufgebahrt, das auch wir in Einerkolonne, schweigend, die Arme hängend (so die streng überwachten Vorschriften) besuchten. Dies entspricht allerdings nicht seinem Vermächtnis, welches die Zerstreuung seiner Asche in allen Teilen Vietnams vorsah.

Mausoleum von Ho Chi Minh

Einblicke in Land und Kultur erhielten wir anlässlich des Besuchs des Literaturtempels (Ort der ersten Universität in den 1070er Jahren), dem Besuch des Wasserpuppen-Theaters (eine uralte vietnamesiche Kunst) sowie auf der Cyclotour, die uns auch durch die kleinen Gassen der Altstadt von Hanoi sowie zum Hoan Chiem See führte und uns einen ersten, hautnahen Einblick in das tägliche Leben der Vietnamesen ermöglichte.

Blick auf den Hoan Chiem See mit der beleuchteten, roten The-Huc-Brücke

Dien Bien Phu (das «Stalingrad der Franzosen»)

Der Plan («Operation CASTOR») von General Navarre sah vor, die vietnamesischen Truppen in eine große Feldschlacht zu zwingen, in der Frankreich seine Überlegenheit an Waffen einsetzen wollte, um die Armee aus „zerlumpten Befreiungskämpfern, die sonst nur aus dem Dschungel heraus operieren“ niederzukämpfen. Zusätzlich sollte ein Sperrriegel parallel zur Grenze von Nord-Laos und dem Nordwesten Vietnams die Zusammenarbeit der Befreiungsarmeen von Vietnam und Laos unterbinden.

Dien Bien Phu liegt am Ende einer langgestreckten, 16 km langen und 8 km breiten Talmulde die von bis zu 1000m hohen Bergketten umgeben ist. Es wurde zu einer großen Festung ausgebaut, umgeben von einer Anzahl Außenposten. Auf dieser Ebene sollten gemäss Plan die Vietminh mit Artillerie, Panzern und Flugzeugen gestellt und aufgerieben werden.

Schon beim Anflug über das gebirgige unwegsame Gebiet konnte man erahnen, dass die Logistik in diesem Abschnitt für beide Parteien zum entscheidenden Faktor werden würde.

Animiertes Geländemodell der Schlacht um Dien-Bien-Phu

Im modernen, sehr informativen Militärmuseum wurden anhand eines animierten Geländemodells und Filmsequenzen die einzelnen Etappen der 55 Tagen dauernden Entscheidungsschlacht anschaulich dargestellt:
– die Luftlandeaktion der Franzosen, um das Gebiet in Besitz zu nehmen und zur Festung auszubauen,

– der Aufmarsch der Vietminh, die unter unsäglichen Entbehrungen und unter Einbezug der Zivilbevölkerung es schafften, Artillerie und Flab – zerlegt in Einzelteile – über die unwegsamen Bergketten in das Kampfgebiet zu transportieren,
– das Ausschalten der Aussenposten durch die heftigen Angriffe mit überraschendem und massivem Artilleriefeuer und das Abschneiden der Versorgung durch Fliegerabwehrfeuer und der Zerstörung der Landebahn,

– der Würgegriff um die Stützpunkte im Zentrum, die Zahn um Zahn aus dem Dispositiv herausgebrochen wurden.

Die gedeckte Annäherung bis zur Angriffsgrundstellung ermöglichte ein über 100km langes Grabensystem, das jeweils in der Nacht – von den Franzosen weitgehend unbemerkt – vorangetrieben worden war.

Artilleriegeschütz wird von den Vietminh in eine Stellung in den Hügeln um Dien-Bien-Phu gezogen

Der Augenschein auf dem noch gut erhaltenen Vorposten BEATRICE gab einen Eindruck, wie fürchterlich es für das kampferprobte Bat 3 der „13e demi-brigade étrangère“ gewesen sein muss, in den ersten Minuten durch das unerwartete und zielgenaue Artilleriefeuer grosse Verluste zu erleiden und im nächtlichen Nahkampf von den zahlenmässig weit überlegenen Vietminhs überrannt zu werden.

System von Schützengräben auf dem Vorposten «BEATRICE»

Es ist sehr eindrücklich, beim Einschlagpunkt des Volltreffers auf den Kommandopostens von BEATRICE zu stehen, welcher den Kommandanten und die Hälfte des Stabes unmittelbar nach Beginn des Angriffs, 13. März 1954, 17.00h, töteten.

Einschlagpunkt des Volltreffers auf den Kommandoposten «BEATRICE»

Auch die Verteidigungsanlagen auf dem Hügel A1, der zum letztgefallenen Stützpunkt ELIANE oberhalb des Flugplatzes gehörte, sind Zeugen des Kampfes um jeden Meter im Nahkampf mit Angriff und Gegenangriff bis zur Erschöpfung. Das grösste Siegesdenkmal Vietnams auf dem Hügel DOMINIQUE und der KP des Kommandanten de Castries am Namyoum-Fluss sind Zeugen der grossen Gegensätze von Sieg und Kapitulation am 7. Mai 1954 und dem darauffolgenden beschwerlichen und verlustreichen Marsch in die Gefangenschaft.

Siegesdenkmal auf dem Hügel «DOMINIQUE»

Nach einer ca 40’ Fahrt sowie einem 20’ Fussmarsch durch den Dschungel erreichten wir das Hauptquartier von General Giap. Wer nun aber einen gut ausgebauten und stark befestigten unterirdischen KP erwartet hatte, wurde überrascht. Gut getarnte Hütten waren die Arbeitsstätten des Führungsstabes und der Aussenbewachung. Unterstände wurden nur bei Fliegeralarm benutzt. Hier führte uns der Reiseleiter in die Angriffsplanung General Giaps ein und ergänzte sehr anschaulich die während des Besuchs im Militärmuseum vom Vortag erhaltenen Informationen. Im Rahmen eines Nachtessens bei einer lokalen Familie kamen wir einmal mehr nicht nur in den Genuss der vorzüglichen vietnamesischen Küche, sondern durften auch deren herzliche Gastfreundschaft geniessen und lernten darüber hinaus verschiedene lokale Tänze kennen.

«Dschungel-«KP von General Vo Nguyen Giap, Oberbefehlshaber der vietnamesichen Volksarmee und kommandierender Offizier der Dien-Bien-Phu Kampagne

Aus vietnamesischer Sicht wird der Kampf im „Stalingrad der Franzosen“ bescheiden gewürdigt im Gedicht „DAS GERÄUSCH DER SCHAUFELN IN DIEN BIEN PHU“:
Jede Nacht hat eine Anzahl Soldaten hier ihr Fleisch und Blut geopfert,
Damit, bis zum Morgen, die Schützengräben ein wenig weiter vorrücken.
Zum Sieg trug das Grollen der Artillerie bei, das zum Himmel aufstieg,
Aber auch das bescheidene Geräusch der Schaufeln.

Heute ist die 70’000 Einwohner zählende Stadt ein lebendiger Ort mit Markt und Händlern in einem friedvollen Tal, in dem verschiedene Minderheiten einträchtig miteinander leben und ihre eigene Kultur und Religion bewahrt haben.

Vom Indochina- zum Vietnamkrieg

Den Abschnitt zwischen den Brennpunkten des Indochina- und Vietnamkriegs nutzten wir für interessante Einblicke in Kultur und Landschaft des malerischen Landes. Zum landschaftlichen Höhepunkt der Reise wurde sicher die Mini-Kreuzfahrt im smaragdgrünen Meer der Halongbucht mit ihren 3000 Inseln – ein UNESCO Weltkulturerbe.

Halong Bucht

Unser sehr gediegen eingerichtetes Schiff fuhr am Abend dann aber in die Halan Bucht, welche von viel weniger Schiffen befahren wird. Das Erleben des Sonnenuntergangs und –aufgangs gehört sicher zu den unvergesslichen Eindrücken jedes Vietnambesuchs. Sehr interessant war auch die Besichtigung einer Tropfsteinhöhle auf einer der vielen Inseln, welche den Vietminh über viele Jahre als Spital gedient hatte und nie entdeckt worden war.

Eingang zur Tropfsteinhöhle, welche den Vietminh viele Jahre als Spital diente

Der Flug nach Hué brachte uns schliesslich in den Mittelteil des langgestreckten Landes und zum Besuch der Königsstadt des alten Vietnams.

Der nächste militärische Brennpunkt war die Khe Sanh Combat Base der Marines unweit der laotischen Grenze. Sie diente als Ausgangspunkt für Erkundungen gegen den Ho-Chi-Minh-Pfad in der Region und jenseits der laotischen Grenze und kontrollierte als westlicher Angelpunkt der Demilitarisierten Zone die Strassen nach Quang Tri («Strasse ohne Freude») und Da Nang. Hier erhielten wir vom Reiseleiter eine sehr detaillierte Einführung in die Bedeutung dieser Combat Base aus Sicht der USA, in die Schlacht selbst sowie in die Tet-Offensive. Diese Einführung war sehr wichtig und auch hilfreich, da heute im kleinen Museum keine Führungen mehr durchgeführt werden und leider auch das Geländemodell nicht mehr funktioniert.

Museum der Keh Sanh Combat Base

Dennoch vermitteln die Bilder im kleinen Museums der Keh Sanh Combat Base sehr eindrücklich, wie heftig hier gekämpft worden war: während 77 Tagen griffen 2 nordvietnamesische Divisionen die von 6000 Marines verteidigte Basis mit den Hügeln 881, 861 und 558 an.

Die zahlreichen Fotos im Museum zeigen eindrücklich die Grösse und damit die Wichtigkeit dieser Combat Base für die Amerikaner

Es war ein erbitterter Kampf, der 1968 zum Symbol des amerikanischen Widerstandes anlässlich der Tet-Offensive wurde und täglich im Lagebericht des US-Präsidenten erwähnt wurde. Die vielen Bilder und Ausrüstungsgegenstände im Museum, der auf dem ehemaligen Rollfeld stehende C130 Hercules sowie ein Chinook und ein Iroquois Helikopter als auch ein PT 76 Panzer – der erste Panzertyp, welcher von der nordvietnamesischen Armee eingesetzt wurde – sowie auch das Denkmal, welches die eingesetzten Verbände auflistet, geben ein eindrückliches Bild vom Kampf um diese wichtige Basis, die aber von der nordvietnamesischen Armee nie eingenommen werden konnte.

Zurückgelassener C-130 Hercules auf dem ehemaligen Rollfeld der Keh Sanh Combat Base

Die Fahrt führte weiter durch die demilitarisierte Zone zu den Vinh Moc Tunnels an der Nordküste Vietnams, einem jahrelang bombardierten Umschlagplatz, an dem das angelandete Kriegsmaterial zum Anfang des Ho-Chi-Minh-Pfades verschoben wurden. Ein 2.8 km langes, 3-stöckiges Bunkersystem diente der Bevölkerung tagsüber als Unterschlupf.

Plan des Vinh Moc Tunnel Systems

Auch wir stiegen im Taschenlampen-Schein in die 10-, 15- und 23 m unter der Erdoberfläche liegenden Gänge hinunter bis zum Meer, vorbei an Wohnbuchten, Schule, Versammlungs-raum und Kreissaal. Hier erzählte uns die Führerin, dass insgesamt 17 Kinder dort geboren wurden, unter anderem auch ihr Vater.

Einer der gedeckten Ein- und Ausgänge – vom/zum Meer – der Vinh Moc Tunnels

Über den Ben-Hai-Fluss am 17. Breitengrad und damit über die damalige Grenze zwischen Nord- und Südvietnam ging es zurück nach Hué. Auf dem Rückweg machten wir einen kurzen Stop bei der Hien-Luong Brücke, welche den Ben-Hai Fluss überquert und gleichzeitig den 17. Breitengrad und somit mit die ehemalige Grenze zwischen Nord- und Südvietnam markierte.

Hien-Luong Brücke über den Ben-Hai-Fluss, welche die ehemalige Grenze zwischen Nord- und Südvietnam am 17. Breitengrad markierte

Hué war während der Tet-Offensive von den nordvietnamesischen Truppen eingenommen worden und konnte erst nach verlustreichen Kämpfen wieder von den US-Truppen zurückerobert werden. Dieser Tag gab uns einen Eindruck, wie heftig der Krieg auf beiden Seiten geführt worden war.

Nach dem Besuch der imposanten kaiserlichen Zitadelle in Hué, einem weiteren Weltkulturerbe, führte uns eine eindrucksvolle Busfahrt über den Wolkenpass (Wetterscheide N-S Vietnam) nach Da Nang an den Red Beach, wo 1965 die ersten US-Truppen im Vietnamkrieg an Land gingen.

Red Beach bei Da Nang

Tagesziel war der malerische Flecken Hoi An (Weltkulturerbe). Zu Fuss erkundeten wir diesen schönen Ort mit seinem grossen, vielfältigen und sehr lebhaften Markt.

Nach Saigon und ins Mekongdelta

Der Flug in die brodelnde Metropole des Südens brachte uns nicht nur den Temperaturanstieg, sondern auch ein Eintauchen in ein Wechselbad der Extreme. In der pulsierenden 9 Millionen-Stadt sind rund 6.8 Mio Motorräder registriert! Auch wir wurden Teil dieser «Motorrad-Community»: In einer 4-stündigen Vespa-Abendtour im lebhaften Strassenverkehr – unterbrochen von verschiedenen Stops zur Verkostung von vietnamesischen Streetfood oder zum Hören von Livemusik – lernten wir Saigon auf eine einmalige Art und Weise kennen. Aber auch die Lektion des 1. Tages in Hanoi – wie überquere ich sicher eine Strasse – bewährte sich hier einmal mehr.

Im Mekong-Delta

Der Ausflug in das weitverzweigte Wassersystem des Mekongdelta nach Can Tho mit der Bootsfahrt zur Einheimischen-Siedlung auf einer der vielen Inseln und die malerische Fahrt mit dem Ruderboot durch die engen Wasserwege zeigte die Schwierigkeiten des Kampfes der Riverine Forces gegen die vielen Schlupfwinkel der Vietcong im Mekongdelta auf. Während der kurzen «Kreuzfahrt» auf dieser wichtigen Wasserstrasse besichtigten wir unter anderem auch die An Binh Inseln mit ihren Obstplantagen und den schwimmenden Markt von Cai Rang.

Zurück in Saigon besuchten wir zuerst ein Waffenversteck des Vietcong in einem unscheinbaren Wohnhaus, das nur durch eine schmale Öffnung im Fussboden im hinteren Teil des Eingang zu erreichen war.

Anschliessend folgte der Besuch im Kriegopfermuseum (War Remnant Museum), dem wohl berühmtesten Museums Vietnams, in welchem nochmals eindrücklich die einzelnen Etappen des Vietnamkriegs gezeigt werden: der Einsatz der ersten von Präsident Kennedy entsandten Berater 1961, die Landung in Da Nang und der Beginn des Bomberkrieges 1965, der Aufstockung der US-Soldaten bis zum Höchststand von 549’000 1968, der Abzug aller US-Truppen 1973 und die Kapitulation Südvietnams 1975.

Die hier ausgestellten, weltbekannten Kriegsfotos fassen nicht nur den Schrecken des Krieges eindrücklich zusammen, sondern erinnern auch an den Kampf an der „Heimatfront“ in den USA und die Anti-USA-Stimmung im Westen mit den vielen Protestbewegungen.

Am 30. April 1975 durchbricht ein Panzer der nordvietnamesischen Armee das Eingangstor zum Präsidentenpalast in Saigon

Im Park des Wiedervereinigungspalastes (ehem. Präsidentenpalast, da Residenz- und Arbeitsplatz des Präsidenten von Südvietnam) – welch ein Unterschied zum einfachen Sitz des Volksführers Ho Chi Minh in Hanoi – vor einem jener Panzer, welche am 30. April 1975 das Eingangstor durchbrachen, fasste unser Reiseleiter Rudolf Brühwiler nochmals prägnant die Ereignisse des Indochina- und Vietnamkrieges zusammen und schloss mit der ernüchternden Analyse McNamaras: «Yet we were wrong, terrible wrong. We owe it to future generations to explain why».

Unser Reiseleiter, Rudolf Brühwiler, bei der Zusammenfassung dieser Reise im Garten des Wiedervereinigungspalasts (früherer Regierungssitz von Südvietnam)

Ein gediegenes Dinner während einer Abend-Cruise auf dem Saigon River bildete den Schlusspunkt dieser äusserst interessanten GMS-Reise.


 

 

 

 

Walter Wild, Januar 2023

 


 

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments