Hadrianswall – drei Jahrhunderte römische Grenzverteidigung in Nordengland
Inhalt aktualisiert am 10.06.2025
ZUM REISEBERICHT VON MARCEL SCHMOCKER
Reiseleitung: Barbara und Jürg Stüssi-Lauterburg, Windisch
Fünf Reisetage
Erstmalige Reise
Thematische Umschreibung
C. Julius Caesar setzt 55 vor Christus erstmals nach Britannien über und zieht sich wieder zurück. Vier Herrschergenerationen später erobert Kaiser Claudius den Süden, die Eroberung der ganzen Insel bleibt ein unerreichbarer Traum. Aus dieser Lage zieht 122 nach Christus Kaiser Hadrian die Konsequenz: eine Grenzmauer quer über die Insel aus dem Raum Newcastle in den Raum Carlisle, 80 römische Meilen lang oder 117 Kilometer. Die zwischen 7 ½ römische Fuss und 9 ½ römische Fuss starke Mauer ist teilweise sehr gut erhalten. Zwischen den Regiments- bzw. Kohortenkastellen liegt jede römische Meile ein Kastell. Dazwischen komplettieren je zwei Wachttürme die Grenzbefestigung. Wer schiebt hier Wache, spielt, liebt, führt die Waffen, würfelt, schreibt Briefe? Afrikaner, Friesen, Räter, Syrer und gelegentlich auch Römer aus Italien. Wir folgen dem Wall im Gelände, besuchen Kastelle und Museen und nähern uns vier Jahrhunderten römischer Militärgeschichte, was im ganzen ehemaligen Imperium Romanum nirgendwo besser möglich ist als im heutigen Nordengland.
Reiseprogramm
Sonntag, 23. April – erster Reisetag
Individuelle Anreise nach Zürich-Flughafen, Check-in. Flug nach Newcastle-upon-Tyne. Thematische Einführung durch die beiden Reiseleitenden zur Römischen Grenzsicherung, das helvetische Beispiel in Vindonissa referenzierend, zu den römischen Expansionskriegen in Britannien, den Feldzügen Caesars‘, Claudius‘, Vespasians, Titus‘, Domitians. Ausführungen zur Stanegate, der strategischen Strasse quer durch die Insel, zur Reduktion von Verteidigunsmassnahmen unter Trajan und die nachmalige Verstärkung durch Hadrian bilden abschliessend die Basis, um sich während der nachfolgenden Tage historisch zurechtzufinden. Mittagsverpflegung je nach Zeitplan. Stadtspaziergang durch Newcastle, Zimmerbezug (für zwei Nächte) im Hotel**** und Abendessen.

Montag, 24. April – zweiter Reisetag
Nach dem Frühstück Reise im Bus (und zu Fuss) nach Arbeia (South Shields), Segedunum (Wallsend), zum Great North Museum in New Castle-upon-Tyne. Individuelle Verpflegung im oder in der Nähe des Museums. Die Reiseroute nördlich und südlich des Tyne-Rivers folgt den östlich gelegenen Kastellen und Verteidungsanlagen des Walls. Abendessen und Übernachtung in Newcastle.

Dienstag, 25. April – dritter Reisetag
Frühstück, anschliessend Check-out. Das detaillierte Tagesprogramm ist – wie in Nordengland nicht unüblich – witterungsabhängig. Bei schönem Wetter: Fahrt nach Haddon-on-the-Wall, Chesters (Kastell einer Reiterkohorte) und Housesteads mit Besichtigung der dortigen Anlagen und anschliessender Wanderung (3 Stunden) zum Peel Rigg. Picknick unterwegs, anschliessend Fahrt nach Haltwhistle. Zimmerbezug (zwei Nächte), Abendessen.

Bei ungünstiger Witterung entfällt die Wanderung, wobei dann zusätzliche Besuche von Anlagen des Walls im Programm vorgesehen sind.
Mittwoch, 26. April – vierter Reisetag
Auch dieser Tag wird witterungsabhängig gestaltet. Bei jedem Wetter werden wir das Hilfstruppenkastell Vindolanda (Bardon Mill) und die dortigen Ausgrabungen besuchen; ebenso werden wir dem Roman Army Museum in Carvoran (Greenhead) einen Besuch abstatten. Lässt es das nordenglische Wetter zu, werden wir von dort aus auf einer Wanderung (ca. zwei Stunden) dem Wall folgen; wenn nicht erwartet uns nahe Birdoswald das gleichnamige Kastell zum nachmittäglichen Besuch. Abschliessendes Abendessen und Übernachtung.

Donnerstag, 27. April – letzter Reisetag
Frühstück, Check-out und Fahrt nach Newcastle-upon-Tyne. Rückflug nach Zürich.
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Der Reisebericht von Marcel Schmocker
Eine fast 117 km lange Mauer, 3.66 m hoch, zwischen 2 und 3.50 m breit, mit 80 Festungen und Wachtürmen, erbaut im Jahre 122 n.Chr. – das ist der Hadrianswall im Norden Englands.
Am 23. April versammelten sich im Flughafen Zürich 12 Geschichtsinteressierte, die unter kundiger Leitung von Barbara und Jürg Stüssi-Lauterburg diese bemerkenswerte, monumentale antike Struktur besuchen und erkunden wollten.
Historischer Hintergrund
Packend erklärt von den Reiseleitern Barbara und Jürg.

Anfangs des zweiten Jahrhunderts n.Chr. hat das römische Reich unter Kaiser Trajan seine grösste Ausdehnung erreicht und damit eine Grösse gefunden, welche die Sicherung der Grenzen gegen aussen und das Aufrechterhalten von Ruhe und Ordnung im Innern zu einer grossen Herausforderung werden liess. Die stehenden Legionen (20-30 an der Zahl) und die wohl zahlreichen Hilfstruppen konnten nicht überall gleichzeitig in der gebotenen Stärke präsent sein. Kaiser Hadrian, Adoptivsohn von Trajan, erkannte, dass die Verteidigung der Grenzen des immensen Reiches eine weniger truppenintensive Verteidigungsstrategie verlangte. Das war die Motivation für den Bau der gigantischen Mauer im Norden Englands. Damit sollten einerseits die kämpferischen und angriffslustigen Kelten im hohen Norden mit wenig Truppen in Schach gehalten und anderseits eine Operationsbasis für weitere Feldzüge in den Norden geschaffen werden. Die Mauer wurde von Legionären und Hilfstruppen erbaut, ca. 15‘000 Mann. Einer Centurie (entspricht etwa einer Kompanie) wurde ein Bauabschnitt von 34 m Breite zugeteilt, so wurde gleichzeitig an vielen Stellen gebaut. Zu Beginn des Baus wurde im Abstand von jeweils 1 römischen Meile (1600m), später erhöht auf alle 7,5 Meilen, ein Meilenkastell gebaut. Dazwischen standen zwei Wachtürme. Auf der Südseite des Walls – also auf der vom Gegner abgewandten Seite – wurde eine Militärzone (Vallum) errichtet: eine rückwärtige, bewachte zweite Verteidigungslinie, die nur mit Bewilligung betreten werden durfte. Auf der dem Feind zugewandten Seite wurden Gräben ausgehoben und mit Pfählen und Metallkrallen versehen. Dieses riesige Verteidigungswerk hielt mehr als 300 Jahre stand. Es wurde nie von den Kelten überwunden – die Römer haben die Verteidigung im Zuge des generellen Verfalls des römischen Reiches um 400 n.Chr. aufgegeben.
Heute sind von den Kastellen und Wachtürmen nur noch die Fundamente sichtbar, die Mauer ist jedoch über weite Strecken noch im Originalzustand – wenn auch in geringerer Höhe (die lokale Bevölkerung hat in den letzten fast 2000 Jahren die Anlage als Steinbruch für den Häuser- und Strassenbau und für Weidegrenzen verwendet) – zu sehen.
Erster Reisetag
Nach teilweise nervenaufreibenden Wartezeiten an Check-in und Security Control im Flughafen Zürich versammelte sich die ganze Gruppe doch noch rechtzeitig am Gate für den Flug über Amsterdam nach Newcastle.
Im Hotel in Newcastle angekommen, wurde zuerst ein sehr reichhaltiger English Afternoon Tea mit traditionellem süssen und salzigem Gebäck serviert. Danach ging es im Eiltempo auf einen kurzen Stadtrundgang in Newcastle unter kundiger Leitung von Jürg Stüssi. Wir besuchten die Kathedrale – es fand gerade ein Gottesdienst mit schönen Chorälen statt -, das Stephenson Denkmal (Vater der Eisenbahn), sahen die im Verlauf der Zeit gebauten Brücken über den Thyne, insbesondere die berühmte Schwenkbrücke und die neueste Version – die Fussgänger-Kippbrücke – und das Neue Schloss, erbaut im 11. und 12. Jhr., das der Stadt den Namen gab.
Der Tag endet mit einem gemütlichen Nachtessen mit Steak, Kartoffeln und Gemüse in einem trendigen Lokal im Zentrum von Newcastle.
Zweiter Reisetag
Am zweiten Tag tauchten wir in die römische Zeit ein.
Zuerst besuchten wir South Shields/Arbeia- eine guterhalten Logistikbasis mit rekonstruiertem Eingangstor, Mannschaftsbaracken (centuriae) und Haus des Kommandanten (praetorium). Die nachgebauten Gebäude verschaffen einen eindrücklichen Einblick in das Festungswesen und die Lebensumstände der Legionäre im 2. Jhr. Das kleine, aber feine Museum zeigt unter anderem gut erhalten Grabsteine mit noch lesbaren Inschriften – lebhaft und detailliert erklärt von Barbara und Jürg.

Danach ging es weiter nach Wallsend/Segedunum, einem typischen Kastell für 600 Mann (480 Fussvolk, 120 Reiter) mit der klassischen Struktur: vier Tore, acht Mannschaftsbaracken, vier Baracken für die Reiter mit ihren Pferden, zwei Vorratshäuser, das Hauptquartier mit dem unterirdischen «Tresor» für die Kasse, das Haus des Kommandanten und der Latrinen – alles gut dargestellt im Modell. Im Gelände von oben von einem eigens gebauten Aussichtsturm aufgrund der noch vorhandenen Fundamente gut erkennbar.

Das Segedunum Roman Fort Museum gibt einen interessanten und anschaulichen Einblick in Bau und Geschichte des Kastells.
Wir machen ebenfalls einen Abstecher zur nahegelegenen Rekonstruktion eines Teils des Walls.
Zurück in Newcastle besuchen wir das Great Northern Museum (Hancock), das dem Hadrianswall einen grossen Raum mit einem meterlangen Modell des Walls und vielen Artefakten gewidmet hat. Interessant ist unter anderem ein Lobgedicht an Septimius Severus’ Ehefrau Julia Domna – einer sehr gebildeten und philosophisch interessierten Frau. Barbara und Jürg sind ganz in ihrem Element und bereichern die Teilnehmer mit ihrem grossen und detaillierten Wissen.
Das Abendessen findet in einem indischen Restaurant statt – für einige Teilnehmer eine neue, aber gelungene Erfahrung.
Dritter Reisetag
Zuerst machen wir Halt bei Benwell Vallum Crossing, einem Tor, das den Zugang zum Vallum kontrolliert. Die Fundamente liegen mitten in einer Siedlung von Einfamilienhäusern. Sie bezeugen, dass es tatsächlich ein Vallum, das heisst eine dem Hauptwall nachgelagerte, zweite Verteidigungszone, gab.
Der nächste Halt erfolgt in Chester/Cilurnum. Wir besichtigen die Überreste des Chester Bridge Abutment, der technisch anspruchsvollen Brückenüberquerung des Flusses North Tyne und die von John Clayton im 19 Jhr. ausgegrabenen Überreste des Kastells. Das nach John Clayton benannte Clayton Museum enthält eine eindrückliche Sammlung der ausgegrabenen Funde, darunter Nymphen von der Quelle der keltischen Göttin Conventina, die zeigen, dass im multikulturellen römischen Reich auch nicht römische Gottheiten geduldet wurden.

Danach ging es weiter nach Housesteads/Vercovicium, einem der Herzstücke des heute noch vorhandenen Hadrianswalls. Das Kastell umfasst rund zwei Hektaren und bot Unterkunft für ca. 1’000 Mann.
Eine besondere Sehenswürdigkeit, die bei den Teilnehmern auch auf grosses Interesse stiess, ist die Latrinenanlage mit einem Graben, in dem fliessendes Wasser die Exkremente wegspülte.

Am Nachmittag wanderten wir 2,5 Stunden dem Wall entlang – ein eindrückliches Erlebnis in weitgehend unberührter Natur durch teilweise steiles Gelände.
Unser Weg führte auch an der bekannte Sycamore Gap vorbei, ein malerischer, tiefer Einschnitt mit einem einzelnen Bergahorn, der als Kulissen für einen Robin Hood Film diente.

Übernachtung und Nachtessen im historischen Hotel Center of Britain in Haltwhistle.
Vierter Reisetag
Der Tag beginnt mit einer dreistündigen Wanderung entlang des Walls durch Felder und Wiesen vom Birdswal Kastell zum Roman Army Museum. Unterwegs treffen wir auf Harrwo’s Scar, ein befestigtes Tor (Meilenskastell 49) mit einem Übergang über den Fluss Irching und Poltross Burn (Meilenkastell 48).
Die Wanderung endet beim Roman Army Museum in der Nähe von Hexham. Wir besuchen das sehr sorgfältig und instruktiv gestaltete Museum, das einen lebhaften Eindruck von Leben, Ausrüstung und Bewaffnung der römischen Legionäre gibt. Zu den Prunkstücken des Museums gehört die einzige erhaltene Helmzier (Federbusch des Centurions) aus Pferdehaar.
Am Nachmittag besuchen wir Vindolanda. Ein an der Stanegate – der Militärstrasse südlich des Hadrianswalls – gelegenes Fort mit grossem, umliegendem Dorf für die Familien der Legionäre und die Zivilbevölkerung (Vicus). Die sehr grosse Anlage wird immer noch weiter ausgegraben. Anhand einer Rekonstruktion wird anschaulich gezeigt, wie sich das Befestigungswesen – vom reinen Erdwall über Palisaden zu Steinmauern – im Laufe der Zeit verändert hat.
Prunkstücke des Museums sind die Sammlung römischen Schuhwerkes und Gläser und vor allem die sogenannten vindolanda tablets – auf Holztäfelchen geschriebene, amtliche und private Briefe und Mitteilungen, die zeigen, dass die Römer offenbar eifrige Briefschreiber waren.


Nachtessen wiederum im Hotel Center of Britain.
Fünfter Reisetag
Am fünften Tag treten wir die Heimreise an und besuchen auf dem Weg zum Flughafen ein letztes Mal ein gut erhaltenes Stück des Walls in Hedden on the Wall.
Dank
Die Reise gab dem Geschichtsinteressierten einen hervorragenden Einblick in die Hintergründe und Geschichte des Baus des Hadrianswalls und in die römischen Militär- und Zivilwelt im zweiten Jahrhundert n. Chr. Die Reiseleiter Barbara und Jürg Stüssi-Lauterburg zeigten sich als ausgezeichnete Kenner der Materie mit grossen Detailkenntnis und vermochten dank ihres umfassenden Wissens die Teilnehmer zu begeistern. Die tadellose Organisation der Reise vervollständig das Bild eines rundum gelungenen, höchst interessanten, perfekt geführten Anlasses in bester Gesellschaft. Dafür gebührt Barbara und Jürg höchster Dank!

Marcel Schmocker, im Mai 2023