Von Tolmein zum Monte Grappa
Inhalt aktualisiert am 19.12.2024
Reiseleitung: Dr. Georges Bindschedler, Div a D Ulrich Zwygart
Fünf Reisetage
Neue Reise
Weltkriegsgeschichte in faszinierender Umgebung. Die Fortsetzung unserer bewährten „Rommel-Reisen“.
Thematische Umschreibung
Die zwölf Isonzoschlachten des Ersten Weltkrieges sind immer wieder Gegenstand von GMS-Reisen gewesen. Tatsächlich ist das Grenzgebiet zwischen Slowenien und Italien ein attraktives Reiseziel und bietet dem militärhistorisch Interessierten zahlreiche spannende Ziele. Insbesondere die letzte und 12. Isonzoschlacht – auch als Wunder von Karfreit/Caporetto oder Kobarid in die Geschichte eingegangen – ist sowohl strategisch, operativ als auch taktisch ein lohnendes Thema.
Die späteren Generalfeldmarschälle Erwin Rommel und Ferdinand Schörner haben hier praktisch Schulter an Schulter gekämpft und Führungserfahrungen sowie Ruhm erworben; beide erhielten in diesem Zusammenhang den Orden „Pour le Mérite“. Rommel hat seine Erfahrungen im Buch „Infanterie greift an“, einem Taktiklehrbuch, dargestellt.
Die Reise konzentriert sich auf diese Erfahrungen Rommels von der Annäherung, dem Bezug des Bereitschaftsraumes in Tolmein und die Angriffsaktionen über den Matajur bis an die Piave. Der Reiseleiter folgt – wie bei seinen früheren „Rommel-Reisen“ – genau den Spuren Rommels und erläutert aufgrund der Aufzeichnungen Rommels die Geschehnisse. Div a D Zwygart wird als Experte für Leadership und Taktik dieser Reise den Charakter einer „Staff Ride“ verleihen, um operativ-taktische sowie führungsbezogene Probleme im Gelände zu diskutieren und Einsichten zu gewinnen. Es bleibt aber auch genügend Zeit, um die Schönheit der Gegend und die kulinarischen Angebote zu geniessen.
Programm
Erster Reisetag: Dienstag, 24. September 2024
07:00 Uhr: Fahrt mit dem Car ab Zürich via Gotthard nach Norditalien. Mittagessen am Gardasee. Weiterfahrt nach Görz (Gorica) an der italienisch-slowenischen Grenze. Zimmerbezug (****) für eine Nacht, Abendessen und Übernachtung in der Stadt am Isonzo.

Zweiter Reisetag: Mittwoch, 25. September 2024
Check-out. Fahrt nach Tolmein. Besichtigung des Bereitschaftsraums des Württembergischen Gebirgsbataillons (WGB). Fahrt entlang der Angriffsachse auf den Kolovrat, den Kuk auf den Matajur. Besichtigung der Gräben und Stützpunkte entlang dieser Achse. Vergleich der Taktiken Rommels (WBG) mit jenen Ferdinand Schörners vom Bayrischen Leibregiment. Mittagessen unterwegs. Zimmerbezug (****) für eine Nacht, Abendessen und Übernachtung in Cividale.

Dritter Reisetag: Donnerstag, 26. September 2024
Check-out in Cividale. Fahrt entlang der Spuren Rommels bis an den Piave. Mittagessen in Longarone. Nachmittags: Weiterfahrt via Belluno, Feltre und Quero nach Bassano del Grappa. Stadtrundgang. Anschliessend Zimmerbezug in der Region für zwei Nächte. Abendessen und Übernachtung.

Vierter Reisetag: Freitag, 27. September 2024
Fahrt zum Monte Grappa. Begehung der Artilleriefestung Galleria Vittorio Emanuele. Besuch des kleinen Museums und des Gipfeldenkmals mit seinem eindrücklichen Friedhof. Mittagessen auf dem Monte Grappa. Nachmittags: Fahrt nach Fossalta del Piave und Besuch des Battistero della Pace. Ausführungen zu Ernest Hemingway, der als 18-Jähriger in der zweiten Piaveschlacht verwundet wurde und seine Kriegserlebnisse 1929 in seinem Werk „In einem anderen Land“ zu Papier brachte. Rückfahrt nach Asolo, Abendessen und Übernachtung.

Letzter Reisetag: Samstag, 28. September 2024
Check-out, Rückfahrt via Trient, Bozen, Meran in den Vinschgau. Mittagessen in Rabland. Anschliessend Weiterfahrt via Ofenpass und Landquart nach Zürich. Erwartete Ankunftszeit 18:30 Uhr.

Downloads der „Pflichtlektüren“
Erwin Rommel, Infanterie greift an
Alfred Krauss, Das Wunder von Karfreit
Manfried Rauchensteiner, Waffentreue
Der Reisebericht von Daniel Haldemann
Erster Reisetag
Mit einem komfortablen Car (36 Sitzplätze für 10 Teilnehmer) der Brumann Reisen AG ging unsere Fahrt von Zürich durch den Gotthard (ohne Stau) über Milano – Brescia nach Peschiera wo das Mittagessen eingenommen wurde. Anschliessend Verschiebung über Verona – Vizenca – Venedig nach Görz (Gorizia), wo wir von unseren Reiseleitern Dr. Georges Bindschedler und Divisionär a D Ulrich Zwygart empfangen wurden. Ulrich Zwygart, seine Frau Manuela und Georges Bindschedler waren bereits drei Tage früher angereist, um das Gefechtsfeld nochmals im Detail zu erkunden.
Abendessen und Übernachtung in Gorizia
Zweiter Reisetag
Auf der Fahrt nach Tolmein in den Bereitschaftsraum des Württembergischen Gebirgsbataillons (WGB) erläuterte uns Georges Bindschedler die Taktik, Gefechtstechnik und Führung des jungen Oberleutnants Erwin Rommel mit seiner Abteilung im Rahmen der 12. Isonzo Schlacht. Der Fokus der Reise lag auf dem Anmarsch von Krainburg, die Bereitstellung in Tolmein und der beschwerliche und hart umkämpfte Weg, den Rommel mit seinen Kompanien über den Kolovrat auf den Monte Matajur hinunter ins Friaul bis an den Monte Grappa zurücklegte. Bekanntlich war das WGB dem Alpenkorps zugeteilt in dem auch Ferdinand Schörner, der kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges von Hitler noch zum Feldmarschall ernannt worden ist, vom Bayrischen Leibregiment seinen Dienst tat. Thema war daher auch der Vergleich des Werdegangs und der unterschiedlichen Taktiken Rommels mit jenen von Schörner (Stichwort «Wüstenfuchs» versus «Bluthund»).
Ulrich Zwygart widmete sich den Themen Strategie, Operationen, Taktik, Gefechtstechnik, welche immer wieder Gegenstand unserer Betrachtungen während unserer Reise war.
Von der Kirche San Daniele (südlich Tolmein), die Rommel mit seinen Leuten am 24. Oktober 1917 passierte, ging unsere Fahrt auf engen Bergstrassen auf den Kolovrat. Wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann man kaum glauben, was für gewaltige Leistungen die Truppen hier vollbracht haben. Bei widrigsten Wetterbedingungen (Regen und Kälte), schwerste Traglasten (bis zu 65 kg schwere Maschinengewehre, Munition, persönliche Ausrüstung etc.), schier senkrechte Hänge bei ständigem Beschuss stürmte Rommel über Foni und den Hevnikgipfel Richtung Kolovratrücken.
Die Gipfelkuppe 1114, wo wir einen Halt einschalteten, wurde damals von Leutnant Schoerner im Frontalangriff bergauf erobert. Das WGB verbrachte die Nacht im Raum auf Höhe 1066 und brach am nächsten Tag nordwestlich der Höhe 1114 in die Kolovratstellung (3. Verteidigungsstellung der Italiener) durch geschicktes Umgehen der feindlichen Stellungen ein.
Über den Kuk, Monte Cragonza, Mrzli vrh erreicht Rommel am 26. Oktober 1917 um 11.40 Uhr nach 52 Stunden vom Beginn der Offensive bei Tolmein schliesslich den Matajur (1641 m). Nach unschönen Streitereien um das Narrativ der Schlacht erhielt Rommel am Ende wohlverdient den begehrten Orden Pour le Mérite.
Sicherlich waren die italienischen Truppen nicht sonderlich motiviert und haben sich oft spontan ergeben. Trotzdem kann die übermenschliche Leistung aller Beteiligten nicht genug gewürdigt werden. Wir haben die Strecke, welche das WGB innerhalb drei Tagen beschritten hat, mit unserem Car auf gesicherten Strassen gemütlich zurückgelegt und konnten uns so ein gutes Bild über den Einsatzraum machen.
Übernachtung und Nachtessen in Cividale del Friuli.
Dritter Reisetag
Fahrt über den Tagliamento nach Cimolais. Hier erhielten wir Informationen zum Übergang des WGB bei Cornino über den Tagliamento und den (vorerst) gescheiterten Nachtangriff auf den Klautanapass. Am nächsten Tag kommt die Meldung, dass die Italiener ihre Stellungen auf dem Klautanapass geräumt haben.
Ohne längere Rast geht es wieder auf den Pass, wo erneut 900 Höhenmeter zu überwinden waren. Über Klaut erreicht das WGB gegen Abend Cimolais, wo die Truppen nach ungeheuren Marschleistungen für einige Stunden Schlaf finden.
Nach genauer Lageanalyse vom Kirchturm entschliesst sich Rommel am nächsten Tag einen Frontalangriff gegen das Engnis (Defilé) westlich Cimolais zu starten. Eine Umgehung über den Monte Lodina rechts und Monte Cornetto links hat er wegen des unwegsamen und hohen Gebirges und den völlig erschöpften Mannschaften als schwer durchführbar und zeitraubend erachtet. Major Sprösser, der Vorgesetzte von Rommel, mit dem er ausgezeichnet, wie in einem „dream team“ zusammenarbeitete, willigte eher widerwillig ein. Durch gründliche Gefechtsaufklärung der feindlichen Stellungen und taktisch kluges Vorgehen gelingt es Rommel und seinen Männern auch diese Herausforderung zu meisten.
Unser nächster Halt war die Staumauer in Vajont, bekannt durch die Katastrophe von Longarone. Die Staumauer wurde in den Jahren 1956 bis 1959 zur Aufstauung des Flusses Vajont errichtet. Der Bau erfolgte trotz grossen Protesten der Talbewohner und Zweifel an den zuständigen Behörden. Am 9. Oktober 1963 löste sich vom Monte Toc eine 270 Millionen Tonnen schwere Bergflanke und stürzte in den Vajont-Stausee. Die plötzliche Verdrängung des gestauten Sees löste eine riesige Flutwelle aus. Diese überströmte die Staumauer und zerstörte das Städtchen Longarone und einige umliegende Ortschaften vollständig. Die Staumauer blieb weitgehend unbeschädigt. Rund 2’000 Menschen starben, davon 487 Kinder unter 15 Jahren.
Der Stausee hätte nie angelegt werden dürfen. Die Katastrophe sorgte für einen jahrelangen politischen Skandal. Politiker, Geschäftsleute, Geologen und Ingenieure hatten zahlreiche Alarmsignale bewusst ignoriert. In einem Gerichtsprozess wurden die Verantwortlichen zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Ein Appellationsgericht reduzierte jedoch die Gefängnisstrafen bzw. sprach einige wegen Fehlens von Beweismaterial frei.
Der Anblick der vielen Fähnchen mit den Namen und dem Alter der verstorbenen Kinder an dem Geländer der Aussichtsplattform über dem verschütteten Stausee war sehr berührend.
In Longarone erhielten wir weitere Erläuterungen zum Wettrennen des WGB mit Pferd und Fahrrad Richtung Vajontschlucht. Nach mühsamem Passieren einer gesprengten Brücke westlich von Erto begegnen sie einer weiteren Brücke, welche die Vajont-Schlucht 150m über dem Abgrund überspannte und mit Sprengladungen versehen war. Dank dem mutigen Eingreifen eines Unteroffiziers zerstörte dieser auf Befehl von Rommel mit einem Beil die Drahtleitungen, welche auf der Brücke verlegt waren. Es ist nicht auszudenken, wenn es den Italienern gelungen wäre, die Brücke rechtzeitig zu sprengen. Es hätte Tage oder Wochen gedauert, bis das Piavetal erreicht worden wäre.
Eine Episode im Kontext der Einnahme von Longarone erscheint mir noch erwähnenswert. Im Ausgang der Vajontschlucht 1 km ostwärts von Longarone entdeckt ein Melder in den Felswänden absteigende italienische Infanterie im Rücken von Rommel. Es wäre ein leichtes gewesen, den Gegner beim Abstieg über die Steilwand zu vernichten. Rommel lässt nicht schiessen, sondern fordert den Feind zur Übergabe auf, was dieser aufgrund der aussichtslosen Lage denn auch tut. Ein gutes Beispiel von ritterlichem Verhalten in einem ansonsten grausamen Krieg.
Von Longarone fahren wir über Belluno, Feltre nach Quero, wo wir weitere Erläuterungen zu den Kämpfen auf dem Monte Grappa und den umliegenden Bergen erhalten.
Das WGB bestreitet noch verlustreiche Kämpfe am Monte Spinucia, Fontana Secca, Monte Tomba und Monte Pallone. Ein Durchkommen über den Monte Grappa nach Bassano ist ausgeschlossen. Die Kräfte des deutsch-österreichischen Heeres erschöpften sich allmählich und den Allierten gelang am Piave der Wiederaufbau einer Front. Auf taktischer Ebene waren unter diesen Bedingungen keine Erfolge mehr zu erzielen. Anfangs Januar 1918 fahren Major Sproesser und Rommel auf Urlaub nach Hause. Rommel wird umgeteilt und verlässt schweren Herzens das WGB. Hier endet die Odyssee Rommels von Tolmein zum Monte Grappa.
Übernachtung und Nachtessen in Bassano del Grappa
Vierter Reisetag
Am Morgen Spaziergang durch Bassano del Grappa mit Besichtigung des Ponte Vecchio (auch Ponte dei Alpini genannt) sowie dem Grappamuseum der Poli Destillerie. Ein Kauf eines feinen Grappas durfte natürlich nicht fehlen.
Anschliessend Fahrt auf einer schmalen Bergstrasse auf den Monte Grappa. Wegen des schlechten Wetters sofort Verschiebung ins Bergrestaurant zum Apéro. Nach dem Mittagessen Besichtigung des kleinen Museums. Die Galleria Vittorio Emanuele III war wegen Wassereinbruch leider gesperrt. Einige Verwegene wagten sich trotz Nebel und Kälte noch auf das Gipfeldenkmal mit der k.u.k. Kriegsgräberstätte und dem italienischen Sacrario.
Am späteren Nachmittag war noch ein Besuch des Hemingway-Museums in Bassano auf dem Programm. Seine Kriegserlebnisse hat Hemingway in seinem Werk «In einem anderen Land» niedergeschrieben. Interessant ist die Auseinandersetzung mit Hemingway und seiner ambivalenten Haltung zu Krieg und Kampf als condition humaine; Hemingway wird heute differenzierter beurteilt als auch schon.
Übernachtung und Nachtessen in Bassano del Grappa
Letzter Reisetag
Die Rückfahrt erfolgte durchs Val Sugana (Tal der Brenta) nach Trient. Weiter über Bozen und Meran ins Vinschgau, wo wir im Restaurant Hauswirt in Rabland ein grosszügiges Apéro mit feinem Weisswein und ein vorzügliches Mittagessen mit einem schweren Lagrein geniessen durften. Über den Ofenpass, Zernez, Flüelapass, Landquart, Sargans erreichten wir um ca. 19.30 Uhr sicher wieder Zürich.
Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei den beiden Reiseleitern Georges Bindschedler und Ulrich Zwygart für die akribische und generalstabsmässige Organisation dieser Reise bedanken. Alles hat bestens geklappt. Die Ausführungen vor Ort haben uns das Geschehen eindrucksvoll vor Augen geführt. Auch die abgegebenen Dokumentationen vor und während der Reise waren hochprofessionell und ergänzen die zahlreiche Fachliteratur bestens. Hinter dem Ganzen steckt eine grosse Arbeit, die viel Zeit in Anspruch nahm. Sollte die Reise wiederholt werden, kann ich die Teilnahme allen Interessierten nur wärmstens empfehlen.
Ein grosser Dank geht auch an unsere Chauffeuse Jacqueline (Jackie) Brumann, welche uns sicher durch enge Berg- und Passstrassen und Umleitungen (verbunden mit heiklen Wendemanövern) gefahren hat.
Last but not least möchte ich mich auch bei sämtlichen Teilnehmern für die tolle Kameradschaft bedanken. Wir hatten anregende und unterhaltsame Gespräche, welche von den vielen Apéros sicherlich beflügelt wurden. Dabei hoffe ich sehr, dass unser GMS-Präsident Georges Bindschedler sein Budget im Griff gehabt hat und nicht am Schluss noch ein Defizit zu seinen Lasten übernehmen muss …
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